Das Wasser der Zukunft

26. September 2022
Complex Conversations

Wiederaufbereitetes Wasser sollte für Auckland die Trinkwasserquelle der Zukunft sein. Das empfiehlt ein in der neuseeländischen Stadt durchgeführter Bürgerrat, dessen Vorschläge am 24. September 2022 der Öffentlichkeit vorgestellt wurden.

Die Losversammlung mit 37 Teilnehmerinnen und Teilnehmern waren vom Versorgungsunternehmen Watercare nach den Kriterien Alter, Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit, Bildung und Wohneigentum ausgewählt wurden, um ein Abbild der Stadt darzustellen. Die Bürgerrat-Mitglieder hatten im August und September 2022 über Möglichkeiten für Aucklands zukünftige Wasserversorgung beraten.

Wasserbedarf über 2040 hinaus decken

Die Versammlung ist der Meinung, dass wiederaufbereitetes Abwasser dazu beitragen könnte, den Wasserbedarf von Auckland über das Jahr 2040 hinaus zu decken. Wiederaufbereitetes Wasser wird bereits in Singapur und Namibia als Trinkwasserquelle genutzt, in Neuseeland bisher jedoch nicht.

Wiederaufbereitetes Wasser ist laut dem Bürgergutachten der Bürgerrat-Teilnehmer kostengünstig und umweltfreundlich, da es zur Verringerung des Abwasseraufkommens beitrage. Allerdings müsse die Öffentlichkeit über die Ungefährlichkeit dieses Wassers aufgeklärt werden.

Meerwasser-Entsalzung prüfen

Der Bürgerrat schlägt außerdem vor, dass Watercare die Möglichkeiten zur Meerwasser-Entsalzung prüft und die Aucklander über die Möglichkeiten zur Verringerung des Wasserverbrauchs aufklärt. Watercare wird die Empfehlungen des Bürgerrates prüfen und den ausgelosten Teilnehmern eine Antwort geben.

Amanda Singleton erklärte als Leiterin der Kundenbetreuung von Watercare, dass die Bürgerrat-Thema viel Zeit damit verbracht hätten, von unabhängigen Experten mehr über die Wasser- und Abwasserindustrie zu erfahren. "Sie haben sich wirklich mit Leib und Seele in dieses Verfahren eingebracht, um sicherzustellen, dass sie den besten Weg für Aucklands Wasserversorgung finden", so Singleton.

Eine lohnende Erfahrung

Für viele Bürgerrat-Mitglieder sei es eine wirklich lohnende Erfahrung gewesen, die ihnen nicht nur eine neue Wertschätzung für das Wasser vermittelt habe, das aus ihren Wasserhähnen komme, sondern auch für die Ansichten und Perspektiven ihrer Mitbürger in Auckland.

Die Bürgerrat-Teilnehmer haben sich auch mit den Māori ausgetauscht, um sicherzustellen, dass die Meinungen der indigenen Bevölkerung Neuseelands berücksichtigt werden, und um die Grundsätze von Te Mana o te Wai zu verstehen. Diese Prinzipien beziehen sich auf die lebenswichtige Bedeutung von sauberem Wasser für die Gesunderhaltung der Gewässer, Ökosysteme und Gemeinschaften, die für ihren Lebensunterhalt und ihr Wohlbefinden auf gesundes Wasser angewiesen sind.

Aufklärung ist das allerwichtigste“

Kelsey Orford aus Point England, sagt, dass sie und ihre Kolleginnen und Kollegen der Idee von wiederaufbereitetem Wasser zunächst etwas skeptisch gegenüber gestanden hätten. Doch nachdem Experten ihnen erklärt hatten, dass das Wasser, das Auckland aus dem Waikato-Fluss entnimmt, nicht sehr anders ist, weil es Abwasser von landwirtschaftlichen Betrieben und andere Schadstoffe enthält, war sie beruhigt.

"Unser Wasser ist nicht zu 100 Prozent sauber. Es gibt immer Risikofaktoren, die in unser Wasser gelangen“, meint Orford. Auckland müsse aufhören, Wasser aus dem Waikato-Fluss zu entnehmen, und ein eigenes, nachhaltiges System zur Wiederaufbereitung von Wasser aufbauen. "Aufklärung ist dabei das Allerwichtigste, sonst denken die Leute nur: 'Igitt, igitt'."

Mitspracherecht für alle

Für Simon Brotherson aus Parnell hat das Verfahren viele Einsichten ermöglicht. Als Musikstudent war er ursprünglich wegen des finanziellen Aufwandsentschädigung an einer Teilnahme interessiert, doch schon am ersten Tag hatte er das Geld vergessen, weil die Wasserproblematik in Auckland ihn sehr interessierte. "Bei so wichtigen Themen wie der Wasserversorgung spiegeln Bürgerräte die Zusammensetzung der Bevölkerung Aucklands wider und geben allen ein Mitspracherecht“, meint Brotherson.

Der Bürgerrat wurde in Zusammenarbeit mit Koi Tū konzipiert und durchgeführt, dem Centre for Informed Futures an der Universität von Auckland. Koi Tū erforscht, wie verschiedene Formen der Bürgerbeteiligung funktionieren könnten, um bessere politische Diskussionen und faktengestützte Debatten in Neuseeland bestmöglich zu unterstützen.

Öffnung der Demokratie

Die stellvertretende Direktorin von Koi Tū, Dr. Anne Bardsley, sagt, dass Verfahren wie Bürgerräte, die auf deliberativen Methoden basieren, die Bedeutung von Sachdebatten mit Zugang zu Fachwissen und Fakten unterstreichen. Sie seien so konzipiert, dass sie die traditionellen Strukturen und Methoden der Bürgerbeteiligung ergänzten.

"Wir wissen, dass viele Bürgerinnen und Bürger aufgrund von strukturellen Ungleichheiten, Sprach- oder Bildungsbarrieren oder Misstrauen gegenüber dem 'System' nicht an Beteiligungsverfahren teilnehmen. Die Öffnung der Demokratie für andere Stimmen sollte zu ausgewogeneren, inklusiveren und besser informierten Ergebnissen führen“, erläutert Bardsley.

Bessere Entscheidungen zu komplexen Themen“

Laut Bardsley ist der Bürgerrat nur einer von vielen neuen innovativen Ansätzen, die das Team von Koi Tū erforscht, um die Bürger in die Diskussion über die komplexen Probleme in Aotearoa Neuseeland einzubeziehen.

"Diese inklusiven Prozesse könnten uns helfen, bessere Entscheidungen zu komplexen Themen zu treffen, bei denen wir mit zahlreichen Kompromissen und Unsicherheiten konfrontiert sind und bei denen die Entscheidungen langfristige Auswirkungen darauf haben, wie sich unsere Zukunft entwickeln könnte."

Ressourcen unter Druck

Hintergrund des Bürgerrates ist das Wachstum Aucklands in Verbindung mit dem Klimawandel. Beides setzt die begrenzten Ressourcen unter Druck. Watercare hat Versorgungserweiterungen bis Mitte der 2040er Jahre geplant, um der Wassernachfrage voraus zu sein. Das Unternehmen will jedoch bereits jetzt mit der Planung für Versorgungsquellen nach 2040 beginnen.

„Es braucht Zeit, sich sinnvoll mit einem komplexen Thema zu befassen, vor allem, wenn Kompromisse zwischen wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Auswirkungen zu berücksichtigen sind. Wenn wir erst einmal eine Entscheidung getroffen haben, dauert es seine Zeit, eine neue Wasserversorgung zu bauen oder zu schaffen und sicherzustellen, dass wir auf dem Weg dorthin alle angemessenen Verfahren eingehalten haben. Deshalb fangen wir jetzt damit an“, heißt es auf der Internetseite von Watercare.

Gesellschaftliche Gruppen einbeziehen

Man habe die Chance ergriffen, einen anderen Ansatz für die Entscheidungsfindung auszuprobieren, bei dem neben dem erforderlichen technischen Wissen auch die Werte und Erfahrungen verschiedener gesellschaftlicher Gruppen einbezogen werden könnten.

Mehr Informationen: Bürgerrat „Watercare“