Klima-Bürgerrat mit Online-Beteiligung

20. Januar 2023

Im spanischen Barcelona hat ein Bürgerrat von September 2022 bis Januar 2023 Ideen zur Lösung der Klimakrise gesammelt. 100 zufällig geloste Menschen von 16 bis 75 hatten die Aufgabe, die Frage zu beantworten, was die Stadt tun kann, um der Klimakrise entgegenzuwirken, ohne die sozialen Ungleichheiten zu vergrößern.

Der Klima-Bürgerrat hatte sich mit dem Klimanotstand für die Stadt Barcelona als Ganzes befasst, die entwickelten Vorschläge konnten sich aber auch auf ein Stadtviertel oder einen Bezirk beziehen. Inhaltlich ging es um die Themen Energie, Mobilität, Luftqualität sowie um das aktuelle Konsummodell und dem daraus resultierenden Abfall.

34 Empfehlungen

Von September 2022 bis Januar 2023 haben die Bürgerrat-Mitglieder an zwölf Sitzungen teilgenommen. Die 34 Empfehlungen der Losversammlungen wurden am 19. Januar 2023 dem Stadtrat zur Beratung übergeben.

Vorschläge zur Förderung der Energiewende

  • Senkung des Energieverbrauchs der Stadtverwaltung von Barcelona
  • Förderung von Energiegemeinschaften mit den notwendigen Regelungen
  • Minimierung des lebensnotwendigen Energieverbrauchs und Verhinderung eines übermäßigen Verbrauchs
  • Bildung eines Pools von Unternehmen, die sich für die Reduzierung des Energieverbrauchs einsetzen
  • Recycling von ineffizienten Haushaltsgeräten am Ende ihrer Nutzungsdauer
  • Recycling von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien und Überwachung der Auswirkungen
  • Regulierung der Mietpreise in Abhängigkeit von der Energieeffizienz der Wohnungen

Vorschläge zur nachhaltigen Mobilität

  • Förderung von Carsharing
  • Umsteigemöglichkeiten und Shuttlebusse an den Einfallsstraßen von Barcelona
  • Grüne Achsen für Fahrräder und Fußgänger
  • Begrünung von Straßen
  • Öffentliche Verkehrsmittel billiger machen
  • Förderung der Heimarbeit
  • Ausbau des Busnetzes, um es besser nutzbar zu machen
  • Umwandlung der Umweltzone mit der Festlegung einer jährlichen Kilometerzahl
  • Entwicklung von Apps zur Koordinierung einer nachhaltigen Mobilität und zur Verbesserung der persönlichen CO2-Bilanz

Vorschläge für einen verantwortungsvollen Konsum

  • Kampagnen zur Sensibilisierung für einen verantwortungsvollen Konsum
  • Mehr Informationen zur Verbesserung der Mülltrennung
  • Erstellung einer App und einer Karte zur Förderung eines verantwortungsvollen Konsums
  • Senkung der Kosten für ökologische und lokale Produkte

Organisationen wie Extinction Rebellion und Greenpeace hatten den Bürgerrat kritisiert. Sie vermissten eine Konzentration auf das Ziel der Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen durch die Stadt um 50 Prozent bis 2030. Die Kommunikation über den Bürgerrat wurde als mangelhaft beurteilt. Außerdem habe sich der Stadtrat zu sehr in die Arbeit des Bürgerrates eingemischt.

Beteiligung über Decidim Barcelona

Neben den 100 ausgelosten Mitgliedern der Losversammlung hatte die Stadt ihre Bürgerinnen und Bürger auch über die Beteiligungsplattform Decidim (katalanisch für "Wir entscheiden") an der Diskussion beteiligt. Auf der Plattform konnten Ideen diskutiert und abgestimmt werden.

„Decidim dokumentiert auch den gesamten Prozess und macht ihn so transparent“, erklärt Arnau Monterde, der die Plattform mitentwickelt hat. Sie ist ein Kind der Empörtenbewegung vom Mai 2011, als in ganz Spanien junge Leute aus Frust über Korruption und mangelnde Zukunftsperspektiven die öffentlichen Plätze besetzten.

Viele Vorschläge umgesetzt

Seit 2016 ist die Online-Plattform fest in der Lokalpolitik in Barcelona verankert. Die Stadt hat sich per Gesetz dazu verpflichtet, ab einem bestimmten Budget beziehungsweise Proporz Bürgerinnen und Bürger an Entscheidungen zu beteiligen.Rund 90 Prozent der Vorschläge wurden bisher umgesetzt. Sowohl das städtische Beerdigungsinstitut als auch eine kostenlose städtische Info-Hotline gehen auf Bürgervorschläge zurück.

Die Arbeit des Bürgerrates wurde von einem Beirat begleitet. Dieser setzte sich zusammen aus Vertretern des Bürgerrates für Nachhaltigkeit, aus im Kampf gegen den Klimawandel engagierten Organisationen, aus Stadtratsfraktionen, Vertretern des Referats für Bürgerbeteiligung, des Referats für Klimanotstand, der beteiligten städtischen Dienststellen und aus Teilnehmern des Bürgerrates selbst.

Mini-Barcelona

Die Teilnehmer des Bürgerrates waren im April 2022 ausgelost worden. Die Losversammlung sollte ein Mini-Barcelona abbilden. Der Bürgerrat wurde entsprechend nach den Kriterien Geschlecht, Alter, Herkunft und Wohnviertel zusammengesetzt. Für ihre Teilnahme haben die Bürgerrat-Mitglieder eine Aufwandsentschädigung erhalten.

Für den Stadtrat ist der Bürgerrat "ein Schritt nach vorn“, um "die Forderungen der Bürger in Maßnahmen zur Bewältigung des Klimanotstands einzubeziehen". Der Bürgerrat sollte dazu dienen, "aus erster Hand die Überlegungen und Bedürfnisse" der Menschen in Barcelona "zur Bewältigung der Klimakrise" zu erfahren.

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