Bürgerforum Corona für Impfpflicht
Das zufällig geloste „Bürgerforum Corona“ in Baden-Württemberg spricht sich mehrheitlich für eine allgemeine Impfpflicht und gegen 2G-Regelungen aus. Im Abschlussbericht, den die Gruppe aus 55 Bürgerinnen und Bürgern am 27. Januar 2022 präsentierte, stehen elf Empfehlungen.
Im Februar 2021 hatten die Forumsteilnehmer die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht im noch einhellig abgelehnt. Bei der letzten Abstimmung Mitte Dezember 2021 hatten aber 18 Teilnehmer für eine allgemeine Impfpflicht votiert, 13 stimmten dagegen.
Gegen Ausgrenzung
Mit 16 Ja- zu 15 Nein-Stimmen spricht sich das Bürgerforum gegen die von der Politik in Bund und Ländern in bestimmten Phasen als notwendig erachteten 2G-Regelungen aus. Die Ausgrenzung von Ungeimpften könnten zur Spaltung der Gesellschaft führen. Weitere Empfehlungen befassen sich mit Fragen der Teststrategie, der Impfkapazitäten und -aufklärung, mit Pflegenotstand, Lockdowns, Schulschließungen und dem gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Im Bürgerforum Corona hatten rund fünfzig zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger aus ganz Baden-Württemberg ein Jahr lang die Maßnahmen, Notwendigkeiten und Auswirkungen der Corona-Pandemie diskutiert. Eine Besonderheit dieses Bürgerforums war, dass die Teilnehmenden die Themen der Sitzungen selbst bestimmten. In jeder Sitzung behandelten die Zufallsbürgerinnen und Zufallsbürger meist aktuell diskutierte Themen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Expertinnen und Experten aus Politik, Wissenschaft, Gesellschaft und Wirtschaft lieferten Impulse für den Dialog.
„Gemeinsam eine Sache durchdenken“
„Die Teilnehmer des Bürgerforums Corona haben ein gutes Beispiel gegeben, was Dialog heißt: gemeinsam eine Sache durchdenken und erörtern. Das regt an. Und Politik muss sich hinterfragen lassen von anderen Meinungen. Ohne gemeinschaftliches Erörtern kann es keine Demokratie geben. Danach muss man Verantwortung übernehmen. Da entscheiden die gewählten Organe“, erklärte Ministerpräsident Winfried Kretschmann.
Gerade in einer solchen Krisensituation sei es wichtig, den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern nicht abreißen zu lassen. Denn das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern sei besonderen Herausforderungen und Belastungen ausgesetzt, in denen Emotionen hochkochten, Ungeduld zunähme oder Existenzängste um sich griffen.
Wissensstände und Sachverhalte geändert
Im Verlauf der Pandemie hätten sich Wissensstände und Sachverhalte geändert, so Barbara Bosch, Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung. Daher müssten die Empfehlungen, die im Rahmen des Bürgerforums formuliert wurden, im Kontext des Zeitpunktes der jeweiligen Debatte und des Pandemieverlaufs gesehen werden. Kretschmann erklärte: „Solch eine Pandemie betrifft jede und jeden, oft sehr tief. Die Aspekte, die man abwägen muss, sind sehr komplex. Das mutierende Virus erzeugt ständig neue Situationen, neues Unwissen.“
Das Bürgerforum Corona war am 16. Dezember 2020 gestartet und hatte ein Jahr lang monatlich per Videokonferenz getagt. In den letzten beiden Sitzungen am 18. November und 16. Dezember 2021 wurden die Ergebnisse und Empfehlungen des Forums zusammengefasst, überarbeitet, ergänzt und ein Abschlussbericht erstellt. Der Abschlussbericht wurde am 27. Januar 2022 per Videokonferenz symbolisch an den Ministerpräsidenten übergeben.
Abbild der Bevölkerung
Für das Bürgerforum Corona waren mehr als 2.000 Menschen zufällig ausgewählt und angeschrieben worden. 258 Menschen hatten sich daraufhin gemeldet und sich bereit erklärt, mitzuwirken. Aus diesen 258 Personen wurden für den Start des Bürgerforums 50 Personen ausgelost. Dabei wurden die Interessierten so eingeteilt, dass die Zusammensetzung des Bürgerforums am Ende die Bevölkerungsstruktur angemessen wiedergegeben hat. Aus verschiedenen Gründen waren im Laufe des Bürgerrates neun Teilnehmer ausgeschieden. Von den verbliebenen 41 Teilnehmern haben zehn bei den finalen Abstimmungen nicht mitgemacht bzw. waren in der Abschlusssitzung nicht dabei.
Landesregierung und Landtag werden sich in Kürze mit den Empfehlungen des Bürgerforums beschäftigen.
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