Bürgerrat für bessere Bildung

19. September 2021
Elke Hanisch

Eine Woche vor der Bundestagswahl und den Landtagswahlen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern hat der Bürgerrat "Bildung und Lernen" seine Themen in die Hauptstadt gebracht. Erstmals kamen am 18. und 19. September 2021 einhundert zufällig ausgeloste Menschen aus ganz Deutschland zusammen und berieten über 50 in einem Bürger- und Jugendforum erarbeiteten Vorschläge.

Ziel sind konkrete Empfehlungen an die Bildungspolitik in Kommunen, Bund und Ländern. Parallel zu den Beratungen des Bürgerrates trafen sich auch die Kinderbotschafterinnen und -botschafter aus Schulwerkstätten: zehn Schülerinnen und Schüler zwischen 8 und 16 Jahren aus mehreren Bundesländern und Schulformen trugen die bisher erarbeiteten Ideen zusammen, wählten die wichtigsten aus und stellten sie im Bürgerrat vor. So floßen die Empfehlungen der Kinder und Jugendlichen in die weitere Arbeit des Bürgerrates ein. Zum Abschluss der Veranstaltung stellten die Teilnehmenden ihre ersten Forderungen in der Staatsbibliothek Unter den Linden vor und trafen erstmals zu einem kurzen Austausch mit Politikerinnen und Politikern zusammen.

Neue, nachhaltige Impulse

Neue, nachhaltige Impulse und Ideen einer breiten Öffentlichkeit in die Bildungspolitik zu tragen - das ist das Anliegen des Bürgerrates "Bildung und Lernen", den die Montag Stiftung Denkwerkstatt aus Bonn ins Leben gerufen hat. Ziel des neuen Beteiligungsformats ist es, allen Menschen, auch Kindern und Jugendlichen, gesellschaftliche Teilhabe an Bildungsfragen zu ermöglichen. So soll die Einbindung alltagspraktischer Erfahrungen von Bürgerinnen und Bürgern mit dem Bildungssystem wissenschaftliche Expertise sowie politische Entscheidungskompetenzen ergänzen. In einem mehrstufigen dialogischen Meinungsbildungsprozess entwickeln die Teilnehmenden gemeinsam Lösungen und Ideen für eine chancengerechte und zukunftsfähige Bildungspolitik und geben diese als Empfehlungen an die Verantwortlichen im Bildungswesen aller drei beteiligten Ebenen Bund, Länder und Kommunen.

Die Grundgesamtheit des Bürgerrats bilden zufällig ausgewählte bzw. ausgeloste Bürgerinnen und Bürger, die als Querschnitt der Gesellschaft eine sogenannte „Mini-Publik“ repräsentieren und zu gemeinsamen Ergebnissen kommen. Umsetzung und Moderation des Bürgerrates übernehmen im Auftrag der Montag Stiftung Denkwerkstatt die Kooperationspartner IKU_Die Dialoggestalter aus Dortmund und ontopica aus Bonn. Beide Partner bringen umfassende Erfahrung aus der Gestaltung bundesweiter Präsenzveranstaltungen und digitaler Beteiligungsprozesse mit. Beraten und begleitet werden die Akteure im Prozess durch die Wider Sense GmbH. Die Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft unterstützt den Bürgerrat Bildung und Lernen darüber hinaus mit ihrer langjährigen Expertise aus Bildung und Pädagogik.

Initiative auf drei Jahre angelegt

Die zunächst auf drei Jahre angelegte Initiative der Montag Stiftung Denkwerkstatt wurde seit längerer Zeit in Abstimmung mit verschiedenen Organisationen, Verbänden sowie Bildungs- und Beteiligungsexpertinnen und -experten vorbereitet und hat durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie an Aktualität gewonnen. "Deutlicher denn je wurde in den vergangenen Monaten sichtbar, wo die Schwächen des deutschen Bildungssystems liegen und wo dringender Handlungsbedarf besteht: Bildungserfolg in Deutschland ist immer noch stark von sozialer Herkunft und familiären Ressourcen abhängig. Mangelnde Digitalisierung der Schulen sowie unzureichende Kenntnisse und Erfahrungen von Pädagoginnen und Pädagogen mit virtuellem Lernen treffen auf sehr unterschiedliche Voraussetzungen und Unterstützungsmöglichkeiten in den Lebenswelten der Kinder und Jugendlichen. Der politische Druck auf die Bildungslandschaft wächst", hieß es in einer Pressemitteilung zum Start des Bürgerrates.

Zusätzliche Beratungsgrundlage für bildungspolitische Entscheidungen

Der Prozess der gesellschaftlichen Teilhabe sei mit der Vision verbunden, das Bildungssystem und das gesellschaftliche Leben nicht nur zu verändern, sondern zu transformieren. Basierend auf dem Leitbild „Handeln und Gestalten in sozialer Verantwortung“ und der Grundhaltung „Jeder Mensch ist begabt” möchten die Montag Stiftungen besonders die Perspektivenvielfalt fördern. Dies bedeute, unterschiedliche Erfahrungen, Hintergründe, Ideen und Annahmen einzubeziehen - mit dem Ziel, in einem demokratischen Meinungsbildungsprozess zu reflektieren, was bleiben könne und was sich verändern müsse, um eine langfristig zukunftsfähige Bildung für alle zu gestalten.

So setze der Bürgerrat den allgegenwärtigen Filter- und Meinungsblasen die Auseinandersetzung vieler Perspektiven entgegen. In diesem Kontext sei der Bürgerrat "Bildung und Lernen" kein Ersatz oder Konkurrent für die Gremien der parlamentarischen Demokratie in Bund und Ländern. Die Ergebnisse aus dem Bürgerrat, die Empfehlungen der Bürgerinnen und Bürger, verstünden sich als zusätzliche Beratungsgrundlage für gute bildungspolitische Entscheidungen.

Online-Dialoge und -Foren

Der Bürgerrat Bildung und Lernen besteht aus mehreren ineinandergreifenden Grundelementen und ist am 13. Oktober 2020 mit einer ersten Online-Beteiligung gestartet. Interessierte fanden auf der Internetseite des Bürgerrates Hintergrundinformationen zum weiteren Verfahren, zu den Themen Bildung und Lernen, zu den Veranstaltern und unterstützenden Organisationen und im weiteren Verlauf aktuelle Berichte aus dem Beteiligungsprozess. Alle waren eingeladen, sich online an der moderierten Ideen-Diskussion zu den Themenfeldern Digitalisierung, Schulbau, Inklusion, chancengerechte Bildung und anderen aktuellen Themen zu beteiligen. Der Online-Dialog endete am 28. Februar 2021.

Mit einem Bürger- und Jugendforum hatte am 28. und 29. Mai 2021 ein wichtiger Meilenstein des Bürgerates Bildung und Lernen stattgefunden. Gut 400 zufällig ausgewählte Menschen waren hier online zusammengekommen, um die Themen für den Bürgerrat in eine neue Form zu bringen. Seit Juni 2021 fanden darüber hinaus Werkstätten mit unterschiedlichen Schulen aus ganz Deutschland statt, um auch die Perspektiven von Kindern und jungen Menschen unter 16 Jahren abzubilden.

"Abbild einer vielschichtigen Gesellschaft"

„Für mich war das Schlüsselerlebnis, dass der Bürgerrat sich selber einig ist in seiner Vielfalt und dann auch in den Schwerpunkten.“, sagte Bürgerrat-Teilnehmer Dieter Schulz aus Bad Zwischenahn. „Weil wir einer vielschichtige Gesellschaft Abbild geben. Was mich ganz besonders beeindruckte, ist, dass die Jugendlichen und Kinder ähnliche Gedanken haben.“

Zur Ausformulierung der Bürgerrat-Empfehlungen in einem Bürgergutachten wurden aus den vier Großregionen Nord, Süd, Ost und West werden jeweils fünf Teilnehmende ausgelost. Sie hatten sich am 8. und 9. Oktober 2021 in Fulda getroffen. Die Empfehlungen wurden am 14. Dezember 2021 veröffentlicht.

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