Bundestagspräsidentin für Bürgerrat zur Impfpflicht
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas würde einen Bürgerrat zum Thema Corona-Impfpflicht befürworten. „Wären Bürgerräte schon ein festes Element, dann hätten wir nach dem Zufallsprinzip Bürgerinnen und Bürger repräsentativ ausgewählt, die über die Impfpflicht debattiert hätten“, sagte Bas in einem am 31. Januar 2022 erschienenen Interview mit der taz.
„Bürgerräte können helfen, mehr aufeinander zu hören. Wir erleben gerade tiefe Spaltungen. Die Sprache in sozialen Medien eskaliert. Hemmungen gehen verloren“, bedauert die Bundestagspräsidentin. Bürgerräte sollen nach Bas Vorstellungen in die Parlamentsarbeit institutionell eingebunden werden. „Ich will den Fraktionen nicht vorgreifen, aber nach meiner Vorstellung könnten sie an den Petitionsausschuss angegliedert werden“, schlägt Bas vor.
Mehr Demokratie für Impfpflicht-Bürgerrat
Vor der Bundestagspräsidentin hatte bereits der Verein „Mehr Demokratie“ einen Bürgerrat zur Impfpflicht vorgeschlagen. „Eine mögliche Impfpflicht betrifft alle Menschen im Land und sie ist ein hoch umstrittenes Thema“, erklärte Claudine Nierth, Vorstandssprecherin des Fachverbands, am 19. Januar 2022. Zeitknappheit sei kein Argument gegen einen Bürgerrat, betonte Nierth: „Da eine mögliche Impfpflicht für die aktuelle Welle ohnehin zu spät käme, spricht nichts gegen eine ausführliche Debatte unter Einbeziehung von Bürgerinnen und Bürgern.“
Nach Einschätzung von Mehr Demokratie wären zwölf Wochen Vorbereitungszeit für einen Bürgerrat ausreichend. Ein Bürgerrat zum Thema Impfpflicht könnte im Mai 2022 starten und bereits im Juni Ergebnisse vorlegen. Entsprechende Beschlüsse könnten dann in den letzten Sitzungswochen vor der Sommerpause gefasst werden.
Leitplanke für Abgeordnete
Die Bürgerrat-Empfehlungen könnten im Fall der Impfpflicht-Entscheidung den einzelnen Abgeordneten als eine Art Leitplanke dienen. Auf Landes- und Kommunalebene gab und gibt es bereits geloste Bürgerräte rund ums Thema Corona - bisher wurde jedoch noch nie ein einzelnes Thema wie die Impfpflicht behandelt.
Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP will mit zufällig gelosten Bürgerräten die politische Entscheidungsfindung auf Bundesebene verbessern. „Wir werden Bürgerräte zu konkreten Fragestellungen durch den Bundestag einsetzen und organisieren. Dabei werden wir auf gleichberechtigte Teilhabe achten. Eine Befassung des Bundestages mit den Ergebnissen wird sichergestellt“, heißt es im Koalitionsvertrag der drei Fraktionen.
Rechtlicher Rahmen
Zur Verstetigung von Bürgerräten wäre es sinnvoll, dass der Bundestag einen bestimmten rechtlichen Rahmen für die Durchführung solcher Losversammlungen schafft. Das Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) und das Institut für Demokratie- und Partizipationsforschung (IDPF) der Bergischen Universität Wuppertal hatten 2021 dazu eine Handreichung erarbeitet. Prof. Dr. Jan Ziekow von der Universität Speyer hatte zeitgleich ein Rechtsgutachten erstellt, um die rechtlichen Rahmenbedingungen des Tätigwerdens von losbasierten Bürgerräten in ergänzender Funktion zur Arbeit des Deutschen Bundestages zu überprüfen.
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