Bürgerrat gegen Korruption in Montenegro
In Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament hat das Parlament von Montenegro erstmals einen zufällig gelosten Bürgerrat einberufen. Vom 29. - 31. Oktober 2021 ging es um Korruption im Gesundheitssystem und bei der öffentlichen Hand. Ein großes Problem in diesem Balkanstaat. Am 4. November haben Vertreter des Bürgerrates ihre Empfehlungen dem Parlament vorgetragen.
Die Empfehlungen der 50 Bürgerrat-Teilnehmer waren von diesen mit einer Zweidrittelmehrheit beschlossen worden. Ein Teil der Empfehlungen erreichte sogar eine einstimmige Zustimmung. Zur Bekämpfung der Korruption empfiehlt der Bürgerrat u.a., Angehörigen medizinischer Berufe, die ein öffentliches Amt bekleiden, während ihrer Amtszeit die Lizenz zur Ausübung ihres medizinischen Berufs zu entziehen. Außerdem soll die Transparenz aller Institutionen erhöht werden.
Die Gesetze gegen Korruption sollen umfassend überarbeitet werden, der Boykott des Parlaments als Verletzung der Abgeordnetenpflichten behandelt und Privilegien der Abgeordneten aufgehoben werden. So sollen diese ihre Telefonrechnungen selber bezahlen. Durch die Einführung von Kontrollmechanismen in der Verwaltung soll ein fairer und ehrlicher Wettbewerb in der Personalverwaltung gewährleistet werden. Außerdem wird eine Verbesserung des Informationsfreiheitsgesetzes vorgeschlagen.
„Neue Möglichkeiten zur Entwicklung der Demokratie“
An der Vorstellung der Bürgerrat-Empfehlungen nahmen Mitglieder des montenegrinischen Parlaments, Mitglieder des Europäischen Parlaments, Bürger-Vertreter, an dem Projekt beteiligte Nichtregierungsorganisationen sowie Expertinnen und Experten auf dem Gebiet der deliberativen Demokratie teil.
Das Parlament von Montenegro ist erste Parlament, in dem das Europäische Parlament die Umsetzung eines solch innovativen Projekts unterstützt hat. Parlamentspräsident Aleksa Bečić bewertete den Bürgerrat positiv und erklärte, dass "solche Beispiele neue Möglichkeiten zur Entwicklung der Demokratie schaffen und zur Erreichung neuer demokratischer Standards beitragen".
„Vertrauen in das Parlament stärken“
Die Demokratie brauche aktive Bürgerinnen und Bürger, betonte Bečić: "Es ist unsere Pflicht als gewählte Vertreter der Bürgerinnen und Bürger, ihr Vertrauen in das Parlament zu stärken. Ich bin sicher, dass der Bürgerrat auch zu diesem Ziel beitragen wird. " Vladimír Bilčík, Vorsitzende der Delegation des Europäischen Parlaments im SAPC EU-Montenegro, beglückwünschte die Abgeordneten und "insbesondere die Parlamentspräsidentin für die Unterstützung dieses innovativen europäischen Bürgerrat-Projekts“.
"Durch die Unterstützung dieses Projekts zeigt Ihr Parlament eine regionale Führungsrolle, wenn es um Offenheit und demokratische Entwicklung geht. Einige EU-Mitgliedstaaten und die Europäische Union haben ähnliche Instrumente entwickelt, aber kein anderes Land des westlichen Balkans hat sie angewandt - und dies ist wirklich ein historischer Moment für Montenegro und Ihre Region", sagte Bilčík.
Zweite Runde
In einer zweiten Runde des Bürgerrates am 24. und 25. September 2022 in Podgorica formulierten und spezifizierten die Bürger ihre Ansichten und Empfehlungen zur Korruption im Gesundheitswesen und im öffentlichen Sektor und prüften gleichzeitig die möglichen Strategien zur systematischen Lösung dieser Probleme.
Eine Gruppe von 50 Bürgern, die bereits an der ersten Runde des Bürgerrates teilgenommen hatten, prüfte Maßnahmen zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen und im öffentlichen Sektor. In direkten Gesprächen mit den Vertretern der Fraktionen des montenegrinischen Parlaments - den Abgeordneten Daliborka Pejović, Dejan Đurović, Tamara Vujović, Vladan Raičević und Božena Jelušić - erörterten sie den Stand der Umsetzung der ursprünglichen Empfehlungen und diskutierten auch die Ansichten der Bürger zu dem jeweiligen Thema sowie konkrete Vorschläge zur Lösung von Schlüsselfragen für die Bürger im Bereich der Gesundheitsversorgung und des öffentlichen Sektors.
Empfehlungen werden Parlament und Europaabgeordneten vorgelegt
Nach zweitägiger Debatte hatten die Bürgerrat-Teilnehmer ihre Empfehlungen mit qualifizierter Mehrheit beschlossen. Diese werden den Mitgliedern des montenegrinischen Parlaments und den Abgeordneten des Europäischen Parlaments in einer Sondersitzung des Parlaments von Montenegro offiziell vorgestellt.
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