Aller guten Bürgerräte sind drei

19. Februar 2024
Renzo Gerritsen / G1000.nu

Am 30. Januar 2024 hat der Rat der niederländischen Stadt Amersfoort mit breiter Mehrheit die Durchführung von drei Bürgerräten beschlossen. Diese sollen Testballons in Hinblick auf die Einführung eines ständigen Bürgerrates sein. Mit den Bürgerräten will der Stadtrat die lokale Demokratie stärken und die politische Entscheidungsfindung verbessern.

Die kommenden Bürgerräte sollen aus 54 Mitgliedern bestehen, die aus der gesamten Stadtbevölkerung ausgelost werden. Im Lostopf sind alle Einwohner ab 16 Jahren. Die für die Bürgerräte Ausgelosten sollen zu anstehenden kommunalpolitischen Entscheidungen Empfehlungen formulieren. Für die Durchführung der drei Bürgerräte stellt die Stadt insgesamt 200.000 Euro bereit.

Einwohner können Themenvorschläge einreichen

Eine Steuerungsgruppe aus zwei Ratsmitgliedern, zwei Mitgliedern des Kollegiums aus Bürgermeistern und Dezernenten und zwei Mitgliedern aus der Bürgerschaft soll dem Stadtrat bzgl. des Themas und der jeweiligen Fragestellung dazu Vorschläge machen können. Auch die Einwohner haben ein Vorschlagsrecht. Der Stadtrat trifft die endgültige Entscheidung darüber, welche Themen dem Bürgerrat vorgelegt werden.

Außerdem wird die Steuerungsgruppe die Bürgerräte begleiten und bzgl. ihrer Verfahrensqualität bewerten. Aufgrund der Bewertungsergebnisse soll die Steuerungsgruppe das Verfahren für den jeweils folgenden Bürgerrat anpassen können. Hierzu wird zudem ein unabhängiger Bewertungsausschuss gebildet. Nach dem ersten Jahr werden die Mitglieder der Steuerungsgruppe durch Teilnehmer vormaliger Bürgerräte ergänzt.

Aktionsplan 2020 beschlossen

Bereits am 20. Dezember 2022 hatte der Stadtrat einen Aktionsplan zur Durchführung eines Pilotprojekts in Sachen Bürgerrat beschlossen. Ziel ist ein nachhaltiger Einsatz des Demokratie-Instruments in der Stadt. Impulsgeber in der mit 160.747 Einwohnern zweitgrößten Stadt der niederländischen Provinz Utrecht war die Initiative „Team Burgerberaad“.

„Mit der Zustimmung zu diesem Vorschlag des Rates wird eine der Aufgaben des Rates (Vertretung der Einwohner) zu einem bestimmten Thema sozusagen auf den gelosten Bürgerrat übertragen", heißt es im Beschluss der Gemeindevertretung. Der Stadtrat soll die Bürgerrat-Vorschläge übernehmen, es sei denn, eine Ratsmehrheit habe gewichtige Gründe dafür, dies nicht zu tun. Dies erfordere weitere Überlegungen über die Rolle des Rates und die Beziehung zwischen Stadtrat und Bürgerrat, insbesondere in Bezug auf die Schlussabstimmung im Stadtrat. Der Stadtrat bleibe aber letztlich verantwortlich.

Themen sollen viele Einwohner ansprechen

Die Wahl des Themas und der Fragestellung wird als wichtig für den Erfolg des Experiments angesehen. Es soll auf jeden Fall ein Thema sein, das breite Teile der Amersfoorter Gesellschaft anspricht und auch für Politik und Verwaltung wichtig ist. Es könne hilfreich sein, dass der Stadtrat Themen auswählt, die er selbst kompliziert finder oder die er als Problem nicht selbst sofort lösen kann.

Nicht entscheiden darf der Bürgerrat über

  • Entscheidungen des Stadtrates über einen Einspruch oder über einen Rechtsstreit
  • Angelegenheiten, wie Ernennungen, Entlassungen, Suspendierungen und Geldleistungen für Amtsinhaber und deren Angehörige
  • Verabschiedung des Haushaltsplans und des Rechnungsabschlusses der Stadt
  • Festsetzung der Gemeindesteuern und -abgaben.
  • Angelegenheiten, die nach Ansicht des Stadtrates ihre überwiegende Grundlage in einem früheren Beschluss haben
  • Themen, bei denen der Rat keinen Spielraum für Entscheidungen politischer Art hat
  • Die Verabschiedung eines Flächennutzungsplans
  • Beschlüsse über die Gründung, den Beitritt und den Austritt aus einer gemeinsamen Vereinbarung

„Die Erfahrung zeigt, dass ein Bürgerrat nicht in Konkurrenz zum Gemeinderat steht, sondern eine Ergänzung darstellt“, so der Stadtrat. Gesellschaftlich gesehen sei es wünschenswert, dass die Einwohner die Teilnahme an einem Bürgerrat als normalen und selbstverständlicher Teil ihres Bürgerseins verstünden.

Mehr Informationen: Gelote Burgerraad