Bürgerrat macht Platz für Freiheitsdenkmal

Charlotte Noblet (CC BY-NC-SA 2.0)

Wie und wo lässt sich die friedliche Revolution in der DDR 1989 mit einem Denkmal in Leipzig darstellen? Ein zufällig geloster Bürgerrat hat am 10. Februar 2022 den Wilhelm-Leuschner-Platz als Standort vorgeschlagen. Auftraggeberin des Verfahrens war die „Stiftung Friedliche Revolution“, die sich bereits seit Jahren für ein Freiheits- und Einheitsdenkmal einsetzt.

2014 war ein erster Anlauf für ein an die Wende erinnerndes Denkmal gescheitert. Nach einem internationalen Kunstwettbewerb hatte ein Wettbewerbsteilnehmer gegen das favorisierte Projekt „Keine Gewalt - Herbstgarten“ auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz erfolgreich vor dem Sächsischen Oberlandesgericht geklagt. Die Stadt hatte ihre Bemühungen daraufhin eingestellt.

Kritik aus der Bevölkerung

Auch aus der Bevölkerung hatte es Kritik am Verfahren, an der Gestaltung und vor allem am Standort gegeben, den einige Leipziger wegen fehlender Bezüge als ungeeignet betrachteten. Andere Kritiker hatten das Denkmal insgesamt in Frage gestellt, da bereits genügend historische Orte existierten. Der Stadtrat hatte die „Stiftung Friedliche Revolution“ im September 2021 beauftragt, ein neues Verfahren anzuschieben.

Im neuen Beteiligungsprozess geht es darum, die Gestaltung des Denkmals sowie dessen Standort zu bestimmen. Der Stadtrat soll über das entstehende Konzept diskutieren und es nach einer Entscheidung an den Bundestag weiterreichen. Nach Beschlüssen und einer Regelung der Finanzierung könnten die konkreten Planungen 2024 starten.

40 Leipziger haben Bürgerrat gebildet

Die „Stiftung Friedliche Revolution“ hatte das in der Organisation von Bürgerräten erfahrene Nexus-Institut beauftragt, den Denkmal-Bürgerrat zu organisieren. Die Losversammlung aus 40 Leipzigerinnen und Leipzigern hat einen Standortvorschlag erarbeitet. Das Gremium bestand aus Teilnehmern, die zu gleichen Teilen verschiedene Generationen abgebildet haben: die Über 50-Jährigen („Erlebnisgeneration“), die 35- bis 49-Jährigen („Mit-Erlebnisgeneration) sowie die 16- bis 34-Jährigen (ohne eigenen Bezug zu den historischen Ereignissen). Auch die Stadtteile wurden berücksichtigt.

Für den Bürgerrat wurden über das Einwohnermelderegister 1.000 Menschen aus den verschiedenen Generationen und Stadtgebieten zufällig ausgelost und eingeladen. Die Eingeladenen konnten sich für eine Teilnahme bewerben.

Bürgerrat tagte im Januar 2022

Der Denkmal-Bürgerrat hatte am letzten Januar-Wochenende 2022 getagt. Dabei gab es neben einer umfangreichen Diskussion auch einen Stadtrundgang, um verschiedene Standorte zu betrachten. Das Standort-Votum des Bürgerrates wurde in Form eines Gutachtens am 10. Februar 2022 an Oberbürgermeister Jung übergeben. In dem Bürgergutachten spricht sich der Bürgerrat für den Wilhelm-Leuschner-Platz als Denkmal-Standort aus. Derselbe Ort, der schon im ersten Verfahren als Denkmalstandort ausgesucht worden war. Andere Standorte warfen die Bürgerrat-Teilnehmer nach Ortsbegehungen aus verschiedenen Gründen aus dem Rennen. Das Gutachten des Bürgerrates soll nun dem Leipziger Stadtrat als weitere Diskussionsgrundlage dienen.

Parallel dazu hatte ein Expertengremium einen Wettbewerbsvorschlag erarbeitet, bei dem es etwa darum ging, ob der Wettbewerb eher künstlerisch oder architektonisch angelegt wird. Die Experten orientierfen sich dabei an den Diskussionen im Bürgerrat und ließen die Debatten in ihren Vorschlag für ein Wettbewerbskonzept einfließen.

Stadtrat folgt Bürgerrat

Am 16. Juni 2022 hatte der Leipziger Stadtrat für den Wilhelm-Leuschner-Platz als Denkmal-Standort gestimmt. Er ist damit dem Vorschlag des Bürgerrates gefolgt.

Am 2. Oktober 2024 hatte eine 13-köpfige internationale Jury am 2. Oktober 2024 im künstlerischen Wettbewerb zum Freiheits- und Einheitsdenkmal ihre Wahl verkündet. Mit großer Mehrheit durchgesetzt hat sich der gemeinschaftliche Entwurf „Banner, Fahnen, Transparente“ von ZILA Architekten, Leipzig.  Die Umsetzung auf dem innerstädtischen Wilhelm-Leuschner-Platz ist ab Oktober 2025 geplant. Dafür ist ein Gesamtbudget von bis zu fünf Millionen Euro vorgesehen.

Beteiligung im Mittelpunkt

Für Stiftungsvorstand Michael Kölsch steht bei dem Projekt die Beteiligung Mittelpunkt: „Der Prozess der Denkmalsentwicklung wird zum immanenten Bestandteil des Denkmals an sich.“

Leipzig ist mit der Friedlichen Revolution verbunden wie kaum eine andere deutsche Stadt. Den Höhepunkt des Leipziger Herbst 1989 markiert der 9. Oktober, als sich nach den Friedensgebeten in vier Leipziger Kirchen rund 70.000 Menschen trotz drohendem Schießbefehl mit Kerzen versammelten, um für mehr Freiheit in der DDR zu demonstrieren. Mehrere tausend Polizisten und Soldaten standen bereit. Doch die Demonstration verlief friedlich. So wurden die Ereignisse in Leipzig als friedliche Revolution zum markanten Ereignis auf dem Weg zum Mauerfall und zur deutschen Einheit.

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