Bundestag diskutiert Bürgerrat-Empfehlungen

14. März 2024

Der Deutsche Bundestag hat am 14. März 2024 über die Empfehlungen des Bürgerrates „Ernährung im Wandel“ debattiert. Die Reaktionen auf das Demokratie-Instrument und dessen Bürgergutachten waren gemischt.

Der Bürgerrat zur Ernährungspolitik hatte am 20. Februar 2024 seine Empfehlungen an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas und die Fraktionen des Bundestages übergeben. Zu den Vorschlägen gehören ein kostenloses Mittagessen in Kindergärten und Schulen, gesunde Lebensmittel ohne Mehrwertsteuer und eine bessere Tierwohl-Kennzeichnung. Die geloste Bürgerversammlung war der erste offiziell vom Bundestag eingesetzte Bürgerrat.

„Demokratie muss sich weiterentwickeln“

Zu Beginn der Debatte gab der Grünen-Bundestagsabgeordnete Leon Eckert Eindrücke aus seinem Wahlkreis wieder. Danach bekomme er persönlich viel Zuspruch, aber „die da oben sind irgendwie abgekoppelt“. Die Demokratie müsse um Zustimmung werben und sich weiterentwickeln. „Der Bürgerrat ist ein Instrument, diese Innovation voranzubringen“, so Eckert. Der Bürgerrat sei ein Testlauf und ein Ausprobieren gewesen, um zu schauen, wie Bürgerräte einen Mehrwert für das Parlament bringen könnten.

„Es steht jetzt schon fest, es ist gelungen, eine fundierte inhaltliche Debatte anzustoßen“, meint das Mitglied der Berichterstattergruppe Bürgerrat des Bundestags, in der alle Fraktionen vertreten sind. Die Empfehlungen seien es wert, diskutiert zu werden. Der Bürgerrat schaffe das besser, was bisherige Bürgerbeteiligung oft nicht geschafft habe. Er bilde besser die Menschen ab, die sonst vielleicht nicht gekommen wären: „Es können die diskutieren, die sonst abgehalten werden, das ist die große Chance des Bürgerrates.“ Eine selbstbewusste repräsentative Demokratie müsse sich vor den Meinungen der Bürger nicht verstecken.

Zweifel an Bürgerräten

Für die CDU/CSU erinnerte der Abgeordnete Philipp Amthor daran, dass der Bundestag den Bürgerrat gegen die Stimmen seiner Fraktion eingesetzt hatte. Trotzdem habe sich die CDU/CSU-Fraktion konstruktiv daran beteiligt und die Vorschläge des Bürgerrates in den Fachgruppen der Fraktion diskutiert. Amthor bedankte sich bei den Bürgerrat-Teilnehmern für ihre Arbeit, äußerte aber Zweifel an der Eignung von Bürgerräten zur Ergänzung der parlamentarischen Arbeit.

„Unser parlamentarische Regierungssystem steht unter großem Druck. Unter dem Druck einer Entparlamentarisierung“, warnte Amthor. Zu zentralen Fragen der Außenpolitik würden Regierungsmitglieder so nicht im Parlament Stellung nehmen, sondern in Schulklassen. Politische Verantwortlichkeiten würden in Expertenkommissionen und auf die internationale Ebene ausgelagert.

„Repräsentation keine Frage von Zufällen“

„Ich glaube nicht, dass man das therapieren kann, indem die Bundestagspräsidentin in einer (…) Bürgerlotterie versucht, ein gut legitimiertes Gremium zusammenzulosen“, zweifelt Amthor, Volkssouveränität zeichne sich aus durch Wahlen und Abstimmungen und nicht durch Auslosung. „Repräsentation ist in unserem Land keine Frage von Zufällen, sondern von parlamentarischen Verfahren“, meint der Fachsprecher der CDU/CSU-Fraktion für Staatsorganisation und Staatsmodernisierung sowie Vertreter der Fraktion in der Berichterstattergruppe Bürgerrat.

Der Bundestag werde geschwächt, wenn man den Eindruck vermittle, dass man den Bürgerwillen oder gar die notwendige Sachkompetenz nur durch neue Instrumente in das Parlament bringen könne. Bürgerrat-Empfehlungen dürften nicht anders behandelt werden als Eingaben anderer Bürger auch. "Wir verschließen uns diesem Instrument ja nicht für die Zukunft. Entscheidend ist, dass wir ein grundlegendes Verständnis der parlamentarischen Demokratie miteinander gemeinsam haben", so Amthor.

„Wir nehmen diese Empfehlungen ernst“

Für die SPD-Abgeordnete Marianne Schieder ist der Bürgerrat Abschluss, Auftrag und Aufbruch zugleich. Ein gelungenes Bürgergutachten mit konkreten Vorschlägen für die Politik liege vor. „Wir nehmen diese Empfehlungen ernst und setzen uns im Parlament intensiv damit auseinander“, so Schieder. Die Handlungsempfehlungen könnten sich sehen lassen. Der Bürgerrat habe ein sehr breites gesellschaftliches Thema hervorragend erschlossen. „Trotzdem gilt: Der Bürgerrat ersetzt weder unseren parlamentarischen Auftrag, noch gefährdet er ihn, noch schwächt er ihn“, meint Schieder.

Der Bürgerrat habe bei den Beteiligten auch zu einem besseren Verständnis der parlamentarischen Arbeit beigetragen. Die Berichterstattergruppe Bürgerrat, deren Vorsitzende Schieder ist, arbeite bereits am zweiten Bürgerrat des Bundestages. „Ich bin ziemlich zuversichtlich, dass wir ihn noch vor der parlamentarischen Sommerpause einsetzen können“, erklärte die SPD-Abgeordnete.

Engagiert, kritisch und leidenschaftlich“

Der AfD- Abgeordnete Peter Felser nannte die Arbeit des Bürgerrates „durchaus anerkennenswert“. Er selbst habe sich bei einem Präsenztreffen des Bürgerrates in Berlin davon überzeugen können, dass die ausgewählten Bürger „engagiert, kritisch und sehr leidenschaftlich“ dabei gewesen seien. Auch das Thema sei wichtig. Mehr als 70 Prozent der westlichen Zivilisationskrankheiten seien ernährungsbedingt. Hier anzusetzen, sei vollkommen richtig. Er plädierte aber dafür jeden Bürger durch bundesweite Volksentscheide zu einem Bürgerrat zu machen.

Für die FDP machte deren Abgeordneter Dr. Gero Clemens Hocker klar, dass die Einrichtung des Bürgerrates Ernährung ein Kompromiss gewesen sei, den man in der Ampelkoalition eingegangen sei. „Wir sind der Überzeugung, dass unsere parlamentarische repräsentative Demokratie in der Lage ist, Lösungen herbeizuführen“, so der stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft. Es gebe kein besseres System.

Rücken gerade machen für das System“

Entscheidungen dauerten manchmal etwas länger, weil Kompromisse gefunden werden müssten und gerade weil Menschen und Verbände beteiligt würden. „Ich glaube, es wäre falsch, den Eindruck zu erwecken, dass zu wenig Bürgerbeteiligung gerade eine Schwäche unserer Demokratie wäre. Ich glaube, wir sind gerade in diesen schwierigen Zeiten gehalten, den Rücken gerade zu machen für das System, das uns seit über 70 Jahren Frieden, Freiheit und Wohlstand in der Mitte Europas gewährt“, erklärte Hocker.

Die Linken-Abgeordnete Gökay Akbulut bedankte sich wie die anderen Rednerinnen und Redner für das monatelange ehrenamtliche Engagement der Bürgerrat-Teilnehmer. Aus linker Sicht habe sie sich deutlich radikalere Empfehlungen gewünscht, im Bürgerrat seien aber alle Perspektiven vertreten gewesen und das sei gut so. „Bürgerräte können dazu beitragen, Denkblockaden im parlamentarischen Raum aufzulösen. Sie sollen die parlamentarische Demokratie ergänzen und stärken“, sagte die Abgeordnete, die ihre Bundestagsgruppe im Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement vertritt.

Setzen Sie diese Forderungen um!“

Amira Mohamed Ali vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) findet die Empfehlungen des Bürgerrates Ernährung sehr vernünftig. „Setzen Sie diese Forderungen um“ appellierte sie an die Bundesregierung. Es sei Aufgabe der Ampelregierung, dass sich alle Menschen in Deutschland gutes Essen leisten können, „die Vorschläge des Bürgerrates weisen da den Weg“.

Die 48-Jährige Biggy Kewitsch aus Quedlinburg in Sachsen-Anhalt war eines der Mitglieder des Bürgerrates und hat die Bundestagsdebatte von der Besuchertribüne aus verfolgt. "Es gab gar keine richtige Diskussion über unsere Ergebnisse", sagt Kewitsch gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Gefreut habe sie aber, dass auch einzelne CDU-Abgeordnete ihre Ergebnisse ernsthaft diskutiert haben. Ihre Bürgerrat-Kollegin Margarethe Bingel kommentiert: "Die CDU hat mich enttäuscht, vor allem Herr Amthor." Die Debatte über das Kindermittagessen sei schrecklich verlaufen. Die beiden Frauen sind Freundinnen geworden über den Bürgerrat. Weitere Bürgerräte würde sie der Politik sehr empfehlen.

"Da ging es überhaupt nicht mehr um das Thema"

Auch die Bürgerrat-Teilnehmerin Karen Bömelburg aus Alveslohe in Schleswig-Holstein hat sich die Diskussion per Internet angesehen und damit zum ersten Mal überhaupt eine Bundestagsdebatte verfolgt. Ihr Urteil: "Da ging es überhaupt nicht mehr um das Thema, die einzelnen Vorschläge, sondern um den Schlagabtausch der Parteien. Ich glaube, es ist wohl einfach Politik, wenn die Parteien oder die Abgeordneten untereinander immer um sich schlagen und den anderen kritisieren", erzählte Bömelburg dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel".

Für Leute, die nicht ohnehin politisch engagiert sind, stellen Parteien nach Meinung von Bömelburg eine Hemmschwelle dar. "Es hat vielen Teilnehmern geholfen, dass wir im Bürgerrat überparteilich unterwegs waren, dass wir alle in einem Boot gesessen haben und nicht wussten, in welche Richtung die Diskussion laufen würde. Wir wussten nur, dass wir konstruktiv arbeiten und etwas Vernünftiges abliefern wollten. (...) So eine aufgeheizte Diskussion wie (...) im Bundestag hat es bei uns nie gegeben."

Überweisung an Ausschüsse

Nach Abschluss der Plenumsdebatte wurde das Bürgergutachten des Bürgerrates an den Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft sowie mitberatend an den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, den Ausschuss für Gesundheit und den Ausschuss für Klimaschutz und Energie überwiesen.

Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft hatte sich am 24. April 2024 in einem ersten Gespräch mit einigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Bürgerrates zu deren Bürgergutachten ausgetauscht. Der Bundestag berichtet hier darüber. Am 13. Mai 2024 hatte sich der Ausschuss in einem öffentlichen Fachgespräch mit der Bürgerrat-Empfehlung zu einem kostenfreien Mittagessen in Kindergärten und Schulen befasst. In einem Fachgespräch am 10. September 2024 ging es um die Empfehlung zu einer Altersgrenze für Energydrinks. Bei einer weiteren Anhörung 23. September 2024 stand das Thema "Weitergabe noch genießbarer Lebensmittel" auf der Tagesordnung des Ausschusses. Im vierten Fachgespräch am 4. November 2024 ging es um die Empfehlung "Bewusstes Einkaufen leicht gemacht durch ein verpflichtendes staatliches Label".

Linke fordert kostenfreies Mittagessen

Am 17. Oktober 2024 hatte der Bundestag über die Forderung der Gruppe Die Linke nach einem kostenfreien Mittagessen an allen Schulen und Kitas debattiert. Im Anschluss an die Aussprache wurde der Antrag mit dem Titel „Mittagessen - kostenfrei, gesund und lecker - In allen Schulen und Kitas“ zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen. Am 6. November 2024 hatte der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft rechtliche und finanzielle Maßnahmen für die Einführung eines kostenfreien Mittagessens in Kitas und Schulen diskutiert.

Die Bundesregierung wird in dem Antrag aufgefordert, die Finanzierung eines kostenfreien Mittagessens für alle Kinder in Kindertageseinrichtungen und Schulen zu mindestens 50 Prozent aus dem Bundeshaushalt zu gewährleisten. Ein Investitionsprogramm soll sicherstellen, dass Schulen und Kitas den Bau beziehungsweise Umbau geeigneter Räumlichkeiten für Küchen und Mensen „für eine praktische Ernährungsbildung und eine frische Essenszubereitung in den Einrichtungen ermöglichen können“, heißt es in dem Antrag.

Thema Ernährung in Lehrpläne

Außerdem soll der Aufbau von kommunalen Küchen gefördert werden. In diesem Zusammenhang soll die Förderung einer regionalen Wertschöpfung aufgebaut werden, damit „für das Mittagessen vorrangig regionale, saisonale und Bio-Lebensmittel genutzt werden“, schreiben die Abgeordneten.

Schließlich sollen in Lehrplänen die Themen „Ernährung“ und „Lebensmittel“ stärker als bisher verankert werden, und zwar sowohl auf einer theoretischen als auch auf einer praktischen Ebene. Die Verpflegung soll dabei in das pädagogische Gesamtkonzept von Kita und Schule integriert werden. Kinder und Jugendliche seien zudem bei der Auswahl des Speiseangebotes und der Einrichtung der Mensen aktiv mit einzubeziehen. Außerdem sollen Trinkwasserspender in allen Kitas und Schulen kostenfrei zur Verfügung gestellt werden.

Ausschuss-Beratungen abgeschlossen

Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft hat seine Beratungen über die Empfehlungen des Bürgerrates "Ernährung im Wandel" in einer Sitzung am 29. Januar 2025 abgeschlossen. Vor der vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar 2025 wird es nicht mehr zu einer weiteren Plenardebatte und zu Beschlüssen kommen.

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas hat am 11. Februar 2025 den Sachstandsbericht zu den Beratungen des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft zum Bürgergutachten „Ernährung im Wandel“ entgegengenommen. „Der Ausschuss für Ernährung hat sich mehrfach mit den Empfehlungen des Bürgerrates auseinandergesetzt“, sagte Hermann Färber (CDU/CSU), Vorsitzender des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft, bei der Übergabe. „Ich habe den Bürgerrat Ernährung besucht und konnte erleben, wie engagiert und mit viel Leidenschaft der Bürgerrat gearbeitet hat.“

Bundestagspräsidentin für weitere Bürgerräte

Bärbel Bas bedankte sich und hob hervor, dass der Bürgerrat sich alleine deswegen gelohnt habe, „weil er Bürgerinnen und Bürger motiviert hat, sich politisch zu engagieren und mitzuarbeiten“. Zwar sei der Bürgerrat Ernährung umstritten gewesen, aber dennoch würde sich die Bundestagspräsidentin für die kommende Legislaturperiode wünschen, dass es weitere Bürgerräte gibt. „Ich hoffe, dass der Sachstandsbericht nicht in der Schreibtischschulblade verschwindet, sondern sich auch der nächste Ausschuss mit den Empfehlungen des Bürgerrates weiter befasst. Das war jetzt durch das vorzeitige Ende der Legislaturperiode nicht mehr möglich“, sagte Bas.

„Der Bürgerrat war eine gute Möglichkeit, um sich zu engagieren. Allein um zu verstehen, wie Demokratie funktioniert, wie politische Prozesse ablaufen und wie Mehrheiten gebildet werden, war es interessant“, sagte Ingeborg Simon, Teilnehmerin des Bürgerrates aus Dortmund, bei der Übergabe. Darüber zufrieden ist sie aber nicht, was bisher mit den Empfehlungen passiert ist. Sie hätte sich gewünscht, dass wenigstens eine der Empfehlungen umgesetzt wird. Auch wie es weitergeht, sei unklar: „Was mit den Empfehlungen in der kommenden Legislatur passiert, steht in den Sternen.“

"Keine Mehrheit für Votum über Kenntnisnahme hinaus"

Hermann Färber (CDU), Vorsitzender des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft, gab sich nachdenklich. „Durch das vorzeitige Ende der Wahlperiode war eine Befassung des Ausschusses mit den weiteren Empfehlungen nicht mehr möglich. Für ein Votum des Ausschusses, das über eine bloße Kenntnisnahme hinausgehen sollte, fand sich keine Mehrheit“, schreibt er in dem Sachstandsbericht. Die vom Bürgerrat erarbeiteten Empfehlungen würden jedoch zahlreiche rechtliche Fragen und Fragen der praktischen Umsetzung aufwerfen. Die Klärung dieser Fragen gehöre zu den Aufgaben des Deutschen Bundestages.

Alle Empfehlungen würden sich als Grundlage für weiterführende Debatten zu den vom Bürgerrat aufgegriffenen Themen eignen, so die Bilanz Färbers. Der Bürgerrat habe unter anderem aufgezeigt, dass umfassendere Verbraucherinformationen gewünscht seien sowie mehr Maßnahmen gegen Lebensmittelverschwendung ergriffen werden sollten. Vor allem aber habe der Bürgerrat erreicht, dass die Themen „Ernährung“ und „Landwirtschaft“ wieder „viel stärker ins Bewusstsein von Politik und Gesellschaft gerückt sind. Das allein verdient Anerkennung“, so Färber.

Ob sich über Fraktionsgrenzen hinweg nicht doch Mehrheiten für eine Weiterverfolgung der einen oder anderen Empfehlung gefunden hätten, bleibe indes reine Spekulation. „Manchmal hätte ich mir gewünscht, dass die Verständigung zwischen den Fraktionen über das weitere Vorgehen ein wenig schneller vonstattengegangen wäre“, schreibt Färber. Es stehe dem 21. Deutschen Bundestag allerdings frei, das Bürgergutachten oder einzelne seiner Empfehlungen erneut aufzugreifen.

Antrag von SPD und Grünen

SPD und Grüne wollen, dass die Empfehlungen des Bürgerrates `Ernährung im Wandel´ auch über die derzeitige Legislaturperiode hinaus als wichtige Hinweise für die zukünftige Ernährungspolitik gelten. "Dazu haben wir den gemeinsamen Antrag `Umgang mit dem Bürgerrat´ auf den Weg gebracht mit konkreten Vorschlägen zur Weiterarbeit", erklärten sie am 11. Februar 2025 in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Der Bundestag müsse die Vorschläge des Bürgerrates ernst nehmen. "Wir wollen die Empfehlungen auch in der kommenden Wahlperiode parlamentarisch beraten. Das haben wir mit dem gemeinsamen Antrag im Detail deutlich gemacht."

In den Fraktionen von CDU/CSU und FDP habe von Anfang an wenig Akzeptanz für die Arbeit des Bürgerrates geherrscht, was die Umsetzung der Empfehlungen erschwert habe. "Nun wollten sie auch zum Ende hin ausdrücklich keine Behandlung im Plenum des Bundestages. Die Verhinderung einer Plenardebatte durch CDU, CSU und FDP drückt den mangelnden Respekt vor der Arbeit der Mitglieder des Bürgerrates und ihren Vorschlägen aus", kritisieren Sozialdemokraten und Grüne.

Wahlversprechen kostenloses Mittagessen

Die SPD wollte nach der Bundestagswahl 2025 ein kostenloses Mittagessen für Schüler einführen. Ihr Generalsekretär Matthias Miersch sagte der "Bild am Sonntag" am 8. Dezember 2024: "Ich arbeite im Moment an einem Konzept, was die Umsetzung des Bürgerrats beinhaltet: ein kostenfreies Mittagessen in den Schulen für alle."

Auf die Frage, ob vom kostenlosen Mittagessen alle Schüler von der ersten Klasse bis zum Abitur profitieren sollen, sagte Miersch: "Das wird noch feinjustiert werden. Das ist ja auch eine Frage, die der Bund mit den Ländern zusammen managen muss." Ein kostenfreies Essen an den Schulen verhindere gesundheitliche Folgekosten, die die Volkswirtschaft gerade trage - etwa deshalb, weil Kinder durch falsche Ernährung krank würden. 

Für Bildung zuständig sind die Bundesländer. Miersch betonte aber: "Wir wissen um die Finanzquellen der Länder. Insofern wird dieses Konzept eine Gegenfinanzierung beinhalten, sodass hier nicht einseitig die Länder belastet werden." Wie teuer die Umsetzung werde, sei noch unklar, "aber wir gehen davon aus, dass es ein Milliardenbetrag ist".

Koalitionsvertrag: Kostenloses Mittagessen nur für Bedürftige

Im am 9. April 2025 von CDU/CSU und SPD vorgestellten Koalitionsvertrag der drei Parteien findet sich das Thema kostenloses Mittagessen nur insofern, "dass alle Kinder mit Anspruch auf das Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) das kostenlose Mittagessen in Kita und Schule auch erhalten. Dafür sollten die bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten, beispielsweise über einen Sammelantrag der Schule, vollumfänglich und flächendeckend ausgeschöpft werden." In Startchancen-Kitas und -Schulen will die Koalition "modellhaft ein bürokratiearmes BuT-Budget für das Mittagessen erproben".

Beim Thema Tierwohl-Kennzeichnung kündigen CDU/CSU und SPD an: "Wir reformieren unter Einbeziehung der Beteiligten der gesamten Wertschöpfungskette das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz grundsätzlich, um es praxistauglich zu gestalten und auf das Tierwohl auszurichten."

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