Qualitätskriterien für Bürgerräte

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat 2020 in einer Studie Leitprinzipien für Bürgerräte definiert. Ergänzt durch die Erkenntnisse und Forschung zu Bürgerräten von der lokalen bis zur globalen Ebene ergeben sich einige Qualitätskriterien:

  • Die Teilnehmenden werden per Losverfahren/Zufallsauswahl bestimmt. Eine Gruppengröße von 35 bis 200 - je nach Gemeindegröße oder politischer Ebene - erscheint ausreichend, um die verschiedenen Positionen in der Gesellschaft gut abzubilden.

  • Bei der Auswahl werden Kriterien wie Alter, Geschlecht, Bildung, Wohnort, Gemeindegröße und Migrationshintergrund der Teilnehmenden berücksichtigt, so dass möglichst ein Querschnitt der Bevölkerung abgebildet wird.

  • Die ausgewogene Beteiligung der Teilnehmenden ist wichtig und wird sichergestellt durch eine professionelle und inhaltlich neutrale Moderation.

  • Die Teilnehmenden erhalten umfassende und verständliche Informationen. Neben der Moderation kommen dafür Expertinnen und Experten zum Einsatz. Dies können Fachleute oder Menschen mit Erfahrungswissen („Betroffene“) sein.

  • Für Wissenserwerb und Austausch muss ausreichend Zeit zur Verfügung stehen. Ein Bürgerrat tagt also nicht selten an mehreren Terminen, oft über Wochen oder sogar Monate hinweg.

  • Das Thema des Bürgerrats sollte von hohem öffentlichem Interesse und klar eingegrenzt sein. Besonders geeignet können kontroverse oder dringliche Themen sein (z.B. die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare oder Klimaschutz-Ziele).

  • Das Bürgergutachten (also die Empfehlungen, die die Teilnehmenden erarbeiten) sollte einen klaren Zweck und Adressaten haben. Im Idealfall steht zu Beginn des Bürgerrates fest, wer die Vorschläge entgegennimmt (z.B. Parlament oder Regierung) und welche Schritte folgen (z.B. Befassung in den zuständigen politischen Gremien).

  • Die zuständige Regierung oder Gemeindeverwaltung sollte z.B. ein Jahr nach Übergabe der Bürgerrat-Empfehlungen den Bürgerrat-Teilnehmenden und der Öffentlichkeit einen Umsetzungsbericht vorlegen. Darin wird dargestellt, welche Empfehlungen wie umgesetzt wurden oder werden. Bei einer Ablehnung von Empfehlungen sollten die Gründe dafür erläutert werden.

  • Offenheit und Transparenz des gesamten Prozesses sind notwendig, um die Ergebnisse für Politik und Verwaltung anschlussfähig zu machen. Um die gesamte Gesellschaft mitzunehmen ist die Begleitung durch die Medien wichtig.

  • Um die Qualität sicherzustellen, empfiehlt sich die Beauftragung unabhängiger Durchführungsinstitute und einer wissenschaftlichen Qualitätskontrolle durch Beobachtung und Auswertung der Verfahren.