Klima-Bürgerrat: „Ein Beispiel für uns alle“

Eine Vielfliegersteuer, die schrittweise Abschaffung umweltschädlicher SUV und die Beschränkung von Autos in Stadtzentren gehören zu den vom britischen Klima-Bürgerrat "NetZero UK“ vorgeschlagenen Lösungen zur Klimakrise. Die klimapolitischen Empfehlungen der zufällig gelosten Bürger:innenversammlung wurden am 10. September 2020 vorgestellt.

Aufgabe des Bürgerrates war es, Vorschläge dazu zu machen, mit welchen Maßnahmen Großbritannien bis zum Jahr 2050 klimaneutral werden kann. Die Bürger:innenversammlung setzte sich aus 108 Personen aus allen Gesellschaftsschichten zusammen, die in sechs mehrtägigen Sitzungen insgesamt rund 600 Stunden über die Verringerung der Treibhausgasemissionen diskutierten.

Corona-Krise nutzen

79 Prozent der Bürgerrat-Mitglieder stimmten dabei der Aussage zu, dass Maßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft in und nach der Corona-Krise so gestaltet sein müssen, dass sie dazu beitragen, das Ziel der Klimaneutralität 2050 zu erreichen.

Die wichtigsten Empfehlungen:

  • eine Vielfliegerabgabe für Menschen, die am weitesten und am häufigsten fliegen
  • erhöhte staatliche Investitionen in CO2-arme Busse und Züge.
  • zügige Umstellung auf Elektrofahrzeuge
  • Verbot des Verkaufs von stark umweltverschmutzenden Fahrzeugen wie SUVs
  • Zuschüsse für den Kauf CO2-armer Autos
  • Reduzierung der Anzahl der Autos um 2 – 5 Prozent pro Jahrzehnt.
  • Wind- und Solarenergie zu einem Schlüsselfaktor dafür machen, dass Großbritannien die Klimaneutralität erreicht
  • mehr Bezug von lokalen Produkten und eine Förderung der lokalen Nahrungsmittelproduktion
  • eine Ernährungsumstellung - angetrieben durch Bildung - um den Fleisch- und Milchkonsum um 20 bis 40 Prozent zu reduzieren

Faire Maßnahmen“

Alle Maßnahmen zur Reduzierung der Emissionen müssten fair angewandt werden, schreiben die Bürgerrat-Mitglieder in ihrem Bericht. "Fair gegenüber Menschen mit Arbeitsplätzen in verschiedenen Branchen. Fair gegenüber Menschen mit unterschiedlichen Einkommen, Reisevorlieben und Wohnverhältnissen. Fair gegenüber Menschen, die in verschiedenen Teilen Großbritanniens leben.“

Ein zentrales Thema des Berichts ist die Bildung. "Die Medien müssen eine Rolle spielen - auch die Schulen. Vielleicht müssen wir uns mit dem Lehrplan befassen“, erklärte das Bürgerrat-Mitglied Ibrahim, ein Hausarzt aus Surrey. „Man kann nicht zu jemandem gehen und sagen: 'Du musst auf einen Wasserstoffboiler umsteigen, weil er CO2-arm ist', wenn er gar keine Ahnung davon hat. Es ist wahrscheinlicher, dass man von den Leuten akzeptiert wird, wenn sie sie Probleme verstehen“, so Ibrahim weiter.

Aufklärung und Werbung

"Die Regierung kann keine Gesetze gegen das Essen von Fleisch erlassen", sagte die Bürgerrat-Teilnehmerin Amanda, "aber mit Aufklärung, Werbung und Kennzeichnung glaube ich, dass wir ihre Einstellung zum Fleischkonsum ändern können - so wie wir es beim Rauchen getan haben".

Die Vorsitzenden der sechs parlamentarischen Ausschüsse des Unterhauses, die den Bericht des Klima-Bürgerrates in Auftrag gegeben hatten, haben Premierminister Boris Johnson in einem Schreiben aufgefordert, dafür zu sorgen, dass die Regierung den Empfehlungen der britischen Klimagruppe Folge leistet, indem sie "auf höchster Regierungsebene Führungsstärke zeigt", bevor Großbritannien im November 2021 den UN-Klimagipfel COP26 ausrichtet.

Ein Spiegel der Bevölkerung

"Die Bandbreite der Stimmen auf diesen Seiten spiegelt unsere Bevölkerung wider. Die Tatsache, dass die Mitglieder des Bürgerrates in der Lage waren, klare Empfehlungen auszusprechen und gleichzeitig die Werte und Erfahrungen der anderen zu respektieren, ist ein Beispiel für uns alle“, sagte der Abgeordnete Darren Jones, Vorsitzender des Unterhaus-Ausschusses für Wirtschafts-, Energie- und Industrieentwicklung.

Das Parlament hatte sich am 25. November 2020 mit den Empfehlungen des Klima-Bürgerrates befasst. In einer Erklärung begrüßten die Abgeordneten den Bericht des Bürgerrates und forderten die Regierung auf, sich damit zu befassen. Die britische Regierung hatte ihre Antwort an den Bürgerrat am 2. September 2021 veröffentlicht. Darin stellte sie ihre bisherigen und geplanten Klimaschutz-Maßnahmen dar, ging aber nicht auf die einzelnen Handlungsempfehlungen des Klima-Bürgerrates ein. Dies wurde u.a. vom Unterhaus-Ausschuss für Wirtschafts-, Energie- und Industrieentwicklung kritisiert.

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