Mit Bürgerräten die Demokratie demokratisieren

15. November 2021
Bürgerrat "Bildung und Lernen"

Bürgerräte können eine konstruktive Antwort auf jene Herausforderungen lie­fern, die gegenwärtige repräsentative Demokratien plagen, wie Vertrauensver­lust, selektive partizipative Enthaltung so­wie gesellschaftliche Polarisierung. Das ist der Tenor einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Auf 36 Seiten befassen sich die Politikwissenschaftler Prof. Dr. Wolfgang Merkel, Dr. Filip Milačić und Dr. Andreas Schäfer mit den Hintergründen und einer Problemanalyse der aktuellen Demokratie-Entwicklung, führen eine demokratietheoretische Diskussion und berichten über politische Erfahrungen und wissenschaftliche Ergebnisse bei der Untersuchung von Bürgerräten. Außerdem befassen sie sich ausführlich mit den Verfahren von Losversammlungen.

Voraussetzungen für gute Bürgerräte

In ihrer Betrachtung kommen sie zu dem Schluss, dass Bürgerräte ihr Potenzial immer dann entfalten können, wenn sie den Kriterien der Einbeziehung aller Bevölkerungsschichten entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil, der Verfahrensqualität beratender Verfahren sowie der systemischen Ef­fektivität gerecht werden. Eckpunkte:

  • das Losverfahren muss so gestaltet wer­den, dass Menschen aus allen betroffe­nen Gesellschaftsschichten teilnehmen

  • der interne Kommunikationsprozess muss so organisiert und moderiert werden, dass sich alle Teilnehmenden unabhängig von ihrem sozialen Hintergrund und Hab­itus gleichberechtigt einbringen können

  • der Prozess selbst muss ergebnisoffen sein

  • Bürgerräte müssen als eigenständi­ger und einflussreicher Faktor in das de­mokratische politische System eingebet­tet werden

  • Bürgerräte müssen ei­nem sorgfältigen Design folgen, das zu­dem jeweils von einer verbindlichen und transparenten Zielvorgabe geprägt ist

„So haben Bürgerräte eine gute Chance, ihren normativen Erwartungen gerecht zu werden und die Perspektive „durchschnittli­cher Bürgerinnen und Bürger“ effektiv in den politi­schen Prozess einzuspeisen“, schreiben die Autoren der Studie.

Kluft zwischen Bürgern und Entscheidungsträgern verringern

Bürgerräte könnten auf diese Weise dazu beitragen, die Kluft zwischen Bürgerin­nen und Bürgern auf der einen und politischen Entscheidungsträ­gern auf der anderen Seite zu verringern. Sie führten eine neue Logik in die durch Wahl-Wett­bewerb geprägten repräsentativen Syste­me ein. „Dadurch könnten die Fokussie­rung auf Eliten, die klassenspezifische politische Enthaltung, die unangemessene Bedeutung des politischen Marketings auf Kosten von Inhalten oder die Gegen­wartsorientierung demokratischer Politik auf Kosten von Zukunftsfragen vermieden werden“, denken die Politikwissenschaftler.

Wenn Bürger und die breite Öffentlichkeit wahrnähmen, dass Bürgerräte halten, was sie versprechen, werde das Vertrauen in demokratische Ins­titutionen wachsen. Die öffentliche Wil­lensbildung werde gefördert und die Teil­habe an politischen Prozessen sowohl ausgeweitet als auch vertieft.

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