Häufige Fragen

Wie funktioniert das Losverfahren bei Bürgerräten? Wie groß sollte ein Bürgerrat sein und was kostet er? Wie werden die Expertinnen und Experten ausgewählt und wer moderiert Bürgerräte? Diese und weitere Fragen beantworten wir hier.

Losbasierte Bürgerbeteiligung wird in Deutschland bereits seit den 1970er Jahren unter dem Konzept “Planungszelle” umgesetzt. Dabei handelt es sich um ein gut etabliertes Beteiligungskonzept, das stärker formalisiert ist als ein Bürgerrat, eine geringere Teilnehmendenzahl und weniger Sitzungen aufweist. Die Teilnehmenden werden außerdem nicht  über eine zweistufige Zufallsauswahl ausgewählt. Übersichten über bisherige Verfahren findet sich auf aleatorische-demokratie.de, IDPF.eu und planungszelle.de. In jüngerer Zeit etablieren sich auch zunehmend geloste Bürgerräte auf kommunaler Ebene und Initiativen zum Thema, wie in dieser Übersicht zu sehen ist. 

Mit dem Begriff „Bürgerdialog“ oder „Beteiligung“ verbinden viele aufwendige Anhörungsverfahren, in denen einige ausgewählte und interessierte Menschen zu Wort kommen und deren Ergebnisse am Ende in Schubladen verschwinden. Selbst in der besten Absicht gestartete Dialoge oder Befragungen laufen oft ins Leere, weil nicht genau geklärt ist, was mit den Ergebnissen eigentlich passieren soll. Bürgerräte laufen anders.

Bürgerräte setzen auf das Losverfahren. Die Teilnehmenden werden per Zufallsauswahl aus den Einwohnermelderegistern ermittelt und eingeladen - natürlich mit Aufwandsentschädigung - an einem Bürgerrat teilzunehmen. Abends oder an Wochenenden treffen sich die zufällig ausgewählten Menschen, um in der großen Runde die Themen zu umreißen und in kleinen Gruppen Details zu diskutieren und Lösungsvorschläge zu finden. Dabei bekommen sie von Expertinnen und Experten alle notwendigen Informationen, so dass alle auf dem gleichen Wissensstand sind. Als Expertinnen und Experten werden die unterschiedlichsten Menschen aus der Politik und Wissenschaft, aus den Medien oder von Verbänden ausgewählt, um nicht nur Informationen aus einer bestimmten Blase zu bekommen.

Bürgerrat-Versammlungen sind ein Abbild der Bevölkerung. Denn aus den Bewerbungen der eingeladenen Ausgelosten wird die Gruppe der Teilnehmenden so zusammengesetzt, dass sie nach Kriterien wie Alter, Geschlecht, Bildung, Wohnort und Migrationshintergrund der Zusammensetzung der Bevölkerung entspricht. Dadurch bringen die Menschen in einem Bürgerrat eine große Vielfalt an Lebenserfahrungen und Perspektiven mit sich. Diese Diversität sorgt für ein hohes Diskussionsniveau und qualitativ hochwertige Ergebnisse.

Bürgerräte setzen sich nicht aus den "üblichen Verdächtigen" zusammen, die andere Beteiligungsverfahren oft dominieren. Auch Lobbyisten und Interessengruppen haben keinen Platz in den Diskussionsrunden. Als Gruppen mit Fachwissen können diese aber als Wissensvermittler in Bürgerräten dienen.

Die Bürgerrat-Teilnehmenden entwickeln konsensorientiert in kooperativer Zusammenarbeit Empfehlungen zur Lösung aktueller Probleme oder politischer Konflikte. Diese Empfehlungen werden in einem Bürgergutachten zusammengefasst und dem zuständigen Gemeinderat oder Parlament zur Befassung übergeben. Damit spielen Bürgerräte in der repräsentativen Demokratie eine Ratgeber-Rolle. Sie können der Politik als Kompass für anstehende Entscheidungen dienen.

Mehr Informationen: „Warum und wie Bürgerräte mit Losverfahren funktionieren“.

Für einen Bürgerrat wird aus den Einwohnermelderegistern von Städten und Gemeinden zufällig eine vorgegebene Anzahl von Personen gezogen. Diese werden von Instituten, die mit der Durchführung des Bürgerrates beauftragt sind, mit einer Einladung zum Bürgerrat angeschrieben. Die am Bürgerrat Teilnehmenden sollen nach Kriterien wie Wohnort, Wohnortgröße, Alter, Geschlecht, Bildungsgrad und Migrationshintergrund so verteilt sein, dass sie die Bevölkerung annähernd abbilden.

Bei einem bundesweiten Bürgerrat soll die Verteilung auf die Bundesländer dem Anteil der Bundesländer an der Gesamtbevölkerung entsprechen. Bei einem Bürgerrat in einem Bundesland gilt dies entsprechend für die Bevölkerungsverteilung dort. Die den Bürgerrat begleitenden Institute stellen daher in einer zweiten Auswahl-Runde aus der Gruppe der Ausgelosten, die sich auf die Einladung zurückgemeldet haben, eine Gruppe von Menschen zusammen, die nach den oben genannten Kriterien ein Abbild der Bevölkerung ist.

Beim "aufsuchenden Losverfahren" werden Menschen nicht nur per Zufall ausgewählt und angeschrieben, sondern auch persönlich zu Hause aufgesucht, um sie von der Teilnahme an einem Bürgerrat zu überzeugen. Dabei wird zum einen das Ziel verfolgt, diejenigen in politische Prozesse zu integrieren, die zunächst eine Teilnahme für sich verneinen, zum anderen geht es darum, im Prozess der Teilnehmergewinnung mit Menschen in Kontakt zu kommen, die sich von einer Teilnahme gar nicht überzeugen lassen. Anders als bei üblichen Verfahren mit Zufallsauswahl steht bei dieser Variante der Losverfahren weniger die Abbildung der Bevölkerung in Bezug auf Merkmale wie Alter, Geschlecht, Bildung, Wohnort und Migrationshintergrund im Vordergrund, als die Einbindung von Menschen, die Beteiligungsverfahren (auch in klassischen Losverfahren) komplett fern bleiben.

Beispiele

Mehr Informationen

Bei der Abfrage von Einwohnermeldedaten gibt es einen Zielkonflikt. Zum einen haben die Einwohner ein Recht auf den Schutz ihrer Daten. Zum anderen kann die Nutzung von Daten für im öffentlichen Interesse stattfindende Projekte gerechtfertigt sein.

Nach § 46, Abs. 1, Satz 1 Bundesmeldegesetz (BMG) darf eine Melderegisterauskunft über eine Vielzahl nicht namentlich bezeichneter Personen (Gruppenauskunft) nur erteilt werden, wenn sie im öffentlichen Interesse liegt.

Der Begriff des öffentlichen Interesses ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Laut der Verwaltungsvorschrift zu § 46 BMG ist unter öffentlichem Interesse das Interesse der Allgemeinheit zu verstehen, das sich vom Interesse einzelner Personen oder Gruppen unterscheidet. So formuliert dies auch die Gesetzesbegründung zu § 46 BMG.

Beim öffentlichen Interesse geht es im Kern um die Belange der Allgemeinheit. Es deckt sich mit dem Interesse der Allgemeinheit. Das öffentliche Interesse bildet den Gegensatz zum Individualinteresse.

Sofern das mit der Gruppenauskunft verfolgte, im öffentlichen Interesse stehende Ziel auch mit anderen Mitteln erreicht werden kann, steht dies der Bejahung des öffentlichen Interesses nicht generell entgegen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn diese Möglichkeit mit erheblichem Mehraufwand verbunden ist oder das Ziel hiermit nicht in gleicher Weise erreicht werden kann.

Laut einer Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages muss das mit dem Auskunftsbegehren verfolgte Interesse benannt werden und von gewissem Gewicht sein. Dieses Gewicht bestehe, wenn dem Interesse der Allgemeinheit nicht genügt werden kann ohne die begehrten Daten bekannt zu geben. „Dabei wird ein öffentliches Interesse bereits dann bejaht, wenn die mit der Auskunft verfolgte Zielsetzung primär eine kommerzielle ist, aber die Möglichkeit einer positiven Auswirkung auf die Allgemeinheit besteht. Das öffentliche Interesse wird nur dann abgelehnt, wenn das Vorhaben ausschließlich dem privaten oder gewerblichen Interesse dient“, so der Wissenschaftliche Dienst.

“Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung werde aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz abgeleitet und gewährleiste die grundsätzliche Befugnis des Einzelnen, über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten selbst zu bestimmen. „Eine Melderegisterauskunft greift beeinträchtigend in dieses Recht ein. Allerdings wird das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht schrankenlos gewährleistet. Der Einzelne muss vielmehr Einschränkungen aufgrund eines Gesetzes im überwiegenden Allgemeininteresse hinnehmen. Das Bundesmeldegesetz stellt eine entsprechende gesetzliche Grundlage zum Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar, welches den jeweiligen Datenschutzgesetzen als spezielleres Gesetz vorgeht. Der Eingriff müsste aber auch im Einzelfall verhältnismäßig sein und die widerstreitenden Interessen zu einem schonenden Ausgleich bringen“, so der Wissenschaftliche Dienst.

Führt eine Gemeinde das Losverfahren selber durch, bestehen datenschutzrechtlich keine Bedenken. Die Gemeinde gibt "sich selbst" eine Auskunft, die auch vom Bundesmeldegesetz und auch von den Datenschutzgesetzen abgedeckt ist.

Schwieriger wird es, wenn die Gemeinde etwa einem Beteiligungsunternehmen Auskunft geben möchte, damit dieses lost. Hier ist eine vertragliche Kooperation sinnvoll, sodass das Unternehmen dann eine Art "Mitarbeiter" der Gemeinde ist, der das Losverfahren durchführt.

Auch wenn Bürgerräte von zivilgesellschaftlichen Organisationen oder Bürgerinitiativen organisiert werden, fehlt noch nicht das öffentliche Interesse. Vielmehr bedarf es einer weitergehenden materiellen Prüfung unter Berücksichtigung der Bedeutung des Bürgerrates für das Allgemeininteresse.

Durch § 46 BMG soll das Entstehen von nur schwer kontrollierbaren Datensammlungen in privater Hand verhindert werden. Bei der Abfrage einer nur geringen Zahl von Datensätzen, wie es beim Losverfahren von Bürgerräten der Fall ist, besteht diese Gefahr nur eingeschränkt. Laut § 47 BMG dürfen Daten aus einer Gruppenauskunft zudem nur für die Zwecke verwendet werden, zu deren Erfüllung sie von der Meldebehörde übermittelt wurden. Danach sind die Daten zu löschen. Verstöße dagegen werden mit erheblichen Strafen geahndet.

Bürgerräte dienen der Stärkung und Förderung einer lebendigen Demokratie. Sie tragen zur Stärkung des in Artikel 20, Absatz 2 Grundgesetz normierten Demokratieprinzips bei. Die Förderung dieses grundlegenden Staatsstrukturprinzips ist ein allgemeines und damit öffentliches Interesse.

Mit dem Instrument des Bürgerrates lassen sich auch Fragen von bundespolitischer Bedeutung in einem diskursiven Format mit Bürgerinnen und Bürgern erörtern und Lösungsvorschläge erarbeiten, lautet die Kernaussage einer Auswertung des Bürgerrates „Deutschlands Rolle in der Welt“ durch die Bundestagsverwaltung. Bürgerräte könnten auch einer breiteren Legitimation politischer Entscheidungen dienen, indem einzelne Positionen direkt mit Bürgerinnen und Bürgern rückgekoppelt werden könnten. Diese Aussage lässt sich sinngemäß auf alle politischen Ebenen übertragen.

Bürgerräte sind also ein Beitrag zum politischen Austausch der Bürger und zu deren Einbindung in politische Prozesse. Sie geben der Demokratie neue Impulse und stärken das Vertrauen in die Politik. Bürgerräte können politische Debatten entschärfen und damit den Zusammenhalt der Bevölkerung stärken. Ein öffentliches Interesse daran ist damit eindeutig gegeben.

Ein Problem kann man nur dann bestmöglich lösen, wenn man es von vielen Perspektiven aus betrachtet. Diese Perspektiven bekommt man nur, wenn man eine Problemlösungsgruppe vielfältig aufstellt. Weil man sich verschiedene Meinungen anhören muss, ist der Aufwand zwar zu Beginn höher. Auch die Kommunikation ist schwieriger, wenn zum Beispiel Menschen mit unterschiedlichen Bildungsgraden aufeinandertreffen. Aber der Aufwand lohnt sich, weil man am Ende deutlich bessere Ergebnisse erzielt. Man sieht schon im Vorfeld Dinge, an die man in einer Gruppe aus sehr gleichartigen Menschen nicht gedacht hätte und die sonst später zu einem Problem geworden wären.

Eine der Stärken von Bürgerräten ist die Vielfalt ihrer Teilnehmenden. Bürgerrat-Mitglieder kommen aus den unterschiedlichsten sozialen Schichten der Bevölkerung. Sie sind Rentner, stehen mitten im Arbeitsleben oder gehen noch zur Schule. Sie sind zu gleichen Teilen männlich und weiblich oder auch divers. Sie haben studiert oder keinen Schulabschluss. Sie kommen aus Dörfern ebenso wie aus Millionenstädten. Und sie sind alteingesessen oder ihre Eltern oder sie selbst sind nach Deutschland eingewandert. Manche stehen gerne im Rampenlicht, andere sind eher in sich gekehrt.

Bürgerräte geben der Unterschiedlichkeit von Menschen Raum. Es geht nicht nur darum, die Teilnehmenden vielfältig aufzustellen, sondern auch darum, jedem einzelnen Bürgerrat-Mitglied eine Stimme zu geben. Gerade auch den Leiseren, den Introvertierten, den Jüngeren, den Vorsichtigen. Diese werden bewusst ermuntert, ihre Meinung zu äußern. Unterschiedliche Sichtweisen werden nicht nur zugelassen, sondern auch wertgeschätzt.

So entstehen am Ende Ergebnisse von hoher Qualität.

Durch das Losverfahren wird sichergestellt, dass grundsätzlich alle Menschen die gleiche Chance haben, an einem Bürgerrat teilzunehmen. Dafür wird aus allen Ausgelosten, die Interesse an einer Teilnahme bekunden, noch einmal eine Auswahl getroffen: Die am Bürgerrat Teilnehmenden wurden nach Kriterien wie Alter, Geschlecht, Bildungsabschluss. Wohnort und Migrationshintergrund so zusammengesetzt, dass es möglichst genau der Verteilung der Menschen in dem Gebiet entspricht, in dem der Bürgerrat stattfindet.

Um möglichst vielen Menschen die Teilnahme zu ermöglichen, werden die Ausgelosten in einfach verständlicher Sprache angesprochen. Reise- und Übernachtungskosten werden übernommen und Verpflegung wird gestellt. Alle Teilnehmenden erhalten eine Aufwandsentschädigung. Im Bedarfsfall wird die Betreuung von Kindern oder zu Pflegenden gesichert. Die Veranstaltungsorte sind barrierefrei, also auch für Rollstuhlfahrer zugänglich. Ausgeloste, die auf ihre Einladung nicht reagieren, können zwecks Teilnahme-Motivation auch persönlich aufgesucht oder telefonisch kontaktiert werden, um zu erklären, warum gerade ihre Teilnahme wichtig ist und um etwaige Bedenken zu klären. 

Die Grundidee der Losdemokratie ist die Chancengleichheit. Alle Einwohnerinnen und Einwohner einer Gemeinde, eines Bundeslandes, der Bundesrepublik Deutschland oder der Europäischen Union sind ab einem festgelegten Alter immer automatisch im Lostopf. Alle Menschen im Lostopf haben die gleiche Chance, für einen Bürgerrat ausgelost zu werden. Alter, Geschlecht, Bildung, Einkommen oder Herkunft haben prinzipiell keinen Einfluss auf die Chance, ausgelost zu werden.

Da Menschen aber sehr unterschiedlich sind, gilt dies auch für deren Beteiligungschancen. Einige haben genügend Zeit, Wissen und Geld, sich politisches Engagement leisten zu können. Wer sich in Parteien, Verbände, Vereine oder Gewerkschaften aktiv einbringen will, braucht dafür Zeit. Wer mitreden will, muss Wissen zum jeweiligen Thema haben. Und man braucht Geld, um Mitgliedsbeiträge, das Bier beim Treffen in der Gaststätte oder die Teilnahmegebühren für politische Seminare bezahlen zu können.

Diese Mittel stehen nicht allen Menschen gleichermaßen zur Verfügung. Je niedriger der Bildungsabschluss von Menschen ist, desto geringer sind die für ein politisches Engagement zur Verfügung stehenden Mittel. Nicht wenige Menschen arbeiten außerdem im unregelmäßigen Schichtdienst auch nachts und an Wochenenden, was die regelmäßige Teilnahme an politischen Veranstaltungen erschwert. Andere Menschen haben pflegebedürftige Menschen oder kleine Kinder zu betreuen, was die freie Zeit stark reduziert. Trotzdem sollten auch diese Menschen an Bürgerräten teilnehmen können, da deren Lebenserfahrungen und -perspektiven sonst bei den Beratungen und Entscheidungen nur unzureichend oder gar nicht berücksichtigt werden. Bürgerräte mit ihren zeitlich kurzen Verfahren machen die Beteiligung solcher Menschen möglich.

Je höher der Bildungsabschluss von Menschen z.B. ist, desto höher ist im Schnitt deren Einkommen. Sie haben durch ihren Bildungsweg ein gutes Allgemeinwissen und durch ihren Lebensweg ein hohes politisches Selbstvertrauen. Sie durften häufiger als andere Bevölkerungsgruppen die Erfahrung machen, gehört und ernst genommen zu werden. Vielleicht haben sie politisch sogar schon einmal etwas erreicht und konnten sich dadurch als selbstwirksam erleben. Das hohe Einkommen ermöglicht zudem kürzere Arbeitszeiten und damit mehr Freizeit. Außerdem lässt sich leichter eine Kinderbetreuung finanzieren, um an politischen Veranstaltungen teilnehmen zu können. Deshalb findet man solche Menschen besonders häufig in der Politik. 

Menschen, die auf diese Weise mit besseren Beteiligungschancen ausgestattet sind, bewerben sich auch weit über ihren Bevölkerungsanteil hinaus für die Teilnahme an Bürgerräten. So haben sich von den für den Bürgerrat "Ernährung im Wandel" Ausgelosten zu 71,5 Prozent Menschen mit Hochschul- oder Fachschulabschluss für eine Teilnahme am Bürgerrat beworben. Deren Bevölkerungsanteil lag zum Zeitpunkt der Teilnehmer-Auslosung aber nur bei 26,3 Prozent. Durch das geschichtete Losverfahren erhielten Menschen mit diesen Bildungsabschlüssen ebenso den ihnen statistisch zustehenden Anteil wie Menschen mit anderen Bildungsabschlüssen.

Unterschiedliche Beteiligungschancen machen sich in anderen Beteiligungsverfahren, aber auch in Parteien und Parlamenten bemerkbar. So besteht laut offiziellen Zahlen der 2021 gewählte Bundestag zu 87 Prozent aus Menschen mit Universitäts- oder Fachschulabschluss. Die 20 Millionen Menschen mit Hauptschulabschluss, die ein Drittel der Wähler stellen, sind hingegen nur mit 20 Abgeordneten im Bundestag vertreten.

Ähnliches gilt für die kommunale Ebene. Laut einer 2023 veröffentlichten Studie der Heinrich-Böll-Stiftung haben 69 Prozent der Amts- und Mandatsträger in Großstädten einen Hochschulabschluss, während dies in der Bevölkerung nur gut jeden Fünften gilt. Frauen machen bei einem Bevölkerungsanteil von 51 Prozent lediglich 39 Prozent der Amts- und Mandatsträger in den deutschen Großstädten aus. Menschen mit Migrationshintergrund sind in den untersuchten Kommunen nur mit 13 Prozent politisch vertreten. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung liegt hingegen bei knapp 30 Prozent.

In Bürgerbeteiligungsverfahren trifft man vorwiegend die „üblichen Verdächtigen“: ältere männliche Akademiker. Diese dürfen und sollen sich gerne politisch engagieren, nur sollten sie eben nicht Parlamente und Beteiligungsverfahren beherrschen, denn sie können auf keinen Fall für alle Menschen sprechen.

Durch die in vielen Bürgerräten angewandte Quotierung der Teilnehmer soll eine solche Zusammensetzung der Losversammlungen verhindert werden. Deshalb wird mit dem so genannten „geschichteten Losverfahren“ dafür gesorgt, dass Männer und Frauen zu gleichen Teilen vertreten sind. Auch die Altersverteilung in der Bevölkerung wird repräsentativ abgebildet. Gleiches gilt für den Bildungsabschluss und oft auch für die Bevölkerungsgruppe der Menschen mit Migrationshintergrund (selber nach Deutschland zugewandert oder mit mindestens einem zugewanderten Elternteil).

In Bürgerräten in anderen Staaten schaut man auch auf das Einkommen, körperliche Behinderungen oder die ethnische Zugehörigkeit der Bürgerrat-Bewerber. Damit wird die angemessene Beteiligung auch von Menschen mit niedrigen Einkommen, Behinderungen und unterschiedlichen Hautfarben gesichert.

Abgefragt werden kann auch die politische Haltung der Bewerber etwa zu Klimawandel und Klimaschutz. Nach einem Vergleich mit repräsentativen Umfragen zum jeweiligen Thema werden im Bürgerrat Gruppen mit einem Anteil im Bürgerrat gebildet, der dem Anteil der Menschen mit der entsprechenden politischen Haltung in der Bevölkerung entspricht.

Beim geschichteten Losverfahren werden die aus den Einwohnermelderegistern zufällig gelosten möglichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Bürgerrates nach für die Teilnahme wichtigen Merkmalen wie höchster Bildungsabschluss und Migrationshintergrund befragt. Gebildet wird der Bürgerrat aus den Gelosten, die sich für eine Teilnahme beworben haben und deren Merkmale wie Alter, Geschlecht, Bildung, Wohnort, Migrationshintergrund etc. möglichst gut den gesuchten Merkmalen entsprechen. Die Teilnehmer sind also nicht „handverlesen“, wie manche Bürgerrat-Kritiker behaupten.

Damit in einem Bürgerrat alle dort besonders erwünschten Bevölkerungsgruppen angemessen beteiligt werden können, lädt man ein Mehrfaches der tatsächlich notwendigen Teilnehmerzahl ein. Damit bekommt man auch aus den Bevölkerungsgruppen genügend Bewerbungen, die sich eher selten in Beteiligungsverfahren einbringen. Ein Abbild der Bevölkerung entsteht.

Bürgerräte sind prinzipiell offen für alle. Welche Anforderungen Menschen erfüllen müssen, um in die Lostrommel zu kommen, lässt sich individuell regeln oder allgemein gesetzlich bestimmen.

Sind Bürgerräte ein gesetzlich geregeltes und ständig genutztes Demokratie-Instrument, ist es auch sinnvoll, die Teilnahmebedingungen generell zu regeln. Dabei kann man sich am Kreis der jeweils Wahlberechtigten orientieren, muss das aber nicht tun. So sind bei Bundestagswahlen nur Deutsche ab 18 Jahren wahlberechtigt, in einem Bürgerrat könnten aber auch Menschen ohne deutschen Pass sitzen, oder Jugendliche unter 18 Jahren.

In einigen Bundesländern liegt das Mindestalter für die Teilnahme an Landtagswahlen und Volksentscheiden bei 16 Jahren. Ebenso gilt dies für Kommunalwahlen und Bürgerentscheide in einer Reihe von Bundesländern. Einwohneranträge können in einigen Ländern bereits von Jugendlichen ab 14 unterschrieben werden. Bei Kommunalwahlen und Bürgerentscheiden sind zudem alle in einer Gemeinde mit Erstwohnsitz gemeldeten EU-Bürgerinnen und -Bürger ohne deutschen Pass wahlberechtigt. An den Gemeinderat gerichtete Einwohneranträge dürfen sogar unabhängig von der Staatsangehörigkeit von allen in der jeweiligen Gemeinde beheimateten Menschen unterschrieben werden. Dies könnte dann auch für Bürgerräte in den jeweiligen Bundesländern und Kommunen eine Orientierungspunkt sein.

Es wäre auch möglich, in Bürgerräten z.B. Wohnungslose ohne Meldeadresse und Geflüchtete zu berücksichtigen, damit auch diese ihre Perspektiven einbringen können. Für solche Bevölkerungsgruppen wurden z.B. beim zufällig gelosten Demokratiekonvent 2019 und beim Demokratiekonvent „Frankfurt macht (Klima)Politik“ 2021 in Frankfurt/Main ein Kontingent an Sitzen freigehalten.

Bei Bürgerräten gibt keinen festen Maßstab für die Teinehmendenanzahl entsprechend der Größe der Gemeinde oder des Landes. Die Anzahl der Teilnehmenden hängt vom Ziel des Prozesses und den verfügbaren Ressourcen ab.

Die Gespräche zum jeweiligen Bürgerrat-Thema finden in moderierten Kleingruppen zu 7 - 8 Leuten statt. Je komplexer das Thema, desto mehr Zeit wird beansprucht. Bei einigen Fragestellungen kann bereits eine von 20 Teilnehmende abgebildete Vielfalt ausreichen, sodass keine zusätzliche Kosten für eine größere Teilnehmendenzahl samt Moderation entstehen.

Andere Fragen hingegen benötigen eine größere Teilnehmendenzahl, um die notwendige Perspektivenvielfalt zu repräsentieren und die gesellschaftliche Kontroverse zum Thema aufzeigen zu können. Eine höhere Teilnehmendenzahl kann auch die Akzeptanz des Verfahrens erhöhen.

Bürgerräte sind aufgrund ihrer möglichst hohen Repräsentativität für die Referenzbevölkerung grundsätzlich größer als Planungszellen, die gängigerweise nur aus 25 Personen bestehen. Nach oben hin ist die Größe durch Kosten und Handhabbarkeit begrenzt. Ein Bürgerrat mit 1.000 Teilnehmenden an einem Ort wäre z.B. sehr teuer und nur wenig praktikabel, wohingegen sich eine Größe von 100 Teilnehmenden auf (über-)regionaler Ebene etabliert hat. 

Die Zahl der Sitzungstage eines Bürgerrates hängt vom Thema und von den dafür bereitstehenden Mitteln ab. So wird in einem Bürgerrat zum Thema Klimawandel mit seinen vielen Unterthemen mehr Zeit für Information und Diskussion benötigt als für ein Losversammlung zur Neugestaltung eines Marktplatzes. Wichtig ist auch, wie viele finanzielle Mittel zur Durchführung eines Bürgerrates zur Verfügung stehen. Je mehr Geld dafür vorhanden ist, desto länger kann ein Bürgerrat tagen. Die Dauer bestehender Bürgerräte variiert zwischen einem Wochenende und mehreren Wochenend-Sitzungen innerhalb mehrerer Monate.

Bei der Planung eines Bürgerrates sollte immer die Frage beantwortet werden, wie viel Zeit für eine sinnvolle Information und Diskussion des gewählten Themas mindestens benötigt wird, ohne dass Wissensvermittlung und Debatte zu kurz kommen. Auf der anderen Seite sollten Bürgerräte auch nicht zu oft tagen. Je länger ein Bürgerrat dauert, desto mehr Menschen ist es aufgrund privater oder beruflicher Verpflichtungen unmöglich, daran teilzunehmen. Mit zunehmender Dauer eines Bürgerrates bilden sich zudem innerhalb der Teilnehmenden Gruppen mit unterschiedlichen Meinungen und Wortführer heraus. Dieser Effekt schadet dem Prozess, dessen Qualität auf einem Austausch aller auf Augenhöhe und ohne Machtgefälle basiert.

Den größten Kostenpunkt bei einem Bürgerrat stellen die Prozessbegleitung und Durchführung des Verfahrens durch ein Institut dar. Das Auswahlverfahren und die postalischen Einladungen fallen demgegenüber nicht so stark ins Gewicht. Neben den Aufwendungen für die Sitzungen finden in der Regel noch vorbereitende Gespräche etwa mit der Verwaltung statt, die auch vergütet werden. Für die Nachbereitung kann ebenfalls eine Pauschale vereinbart werden. Hinzu kommen Ausgaben für die Teilnehmenden (Verpflegung, Tagungskosten). Häufig ist es hilfreich, eine Aufwandsentschädigung zu zahlen (ca. 30 bis 70 Euro pro Sitzung). Damit können Parkgebühren, Kinderbetreuung oder sonstige Kosten erstattet werden. Je nachdem, wie die Ergebnisse des Bürgerrates festgehalten werden, kann es sich anbieten, das Ergebnis als Heft oder Broschüre drucken zu lassen. Je nach Seitenzahl, Auflage und Qualität des Drucks können die Kosten sehr schnell im vierstelligen Bereich liegen.  

Bund, Länder und Kommunen führen allerdings häufig auch selber Beteiligungsprozesse durch. Ob diese zu einer Veranstaltung per Poster und Facebook einladen oder per Zufall aus dem Melderegister geloste Menschen anschreiben, muss gar keinen großen Kostenunterschied machen. Die zusätzlichen Kosten belaufen sich dann eigentlich nur auf das Porto. 

In einer anderen allgemeineren Rechnung ist laut Prof. Hans-Joachim Lietzmann vom Institut für Demokratie- und Partizipationsforschung der Universität Wuppertal bei vier Sitzungstagen mit Kosten von 1.000 bis 1.500 Euro pro Teilnehmer zu rechnen. 

Fazit: Auch hier ist die Antwort schwierig und hängt von den lokalen Gegebenheiten und dem Anspruch an den Prozess ab.

Bei der Betrachtung der Kostenfrage ist zu beachten, dass die Alternative zu einem Bürgerrat selten eine Nullvariante ist. Findet kein Bürgerrat statt, ist oft ein anderes Beteiligungs- oder Planungsverfahren mit ähnlich hohen oder sogar höheren Kosten notwendig, das vielleicht qualitativ weniger gute Ergebnisse bringt.

Kostenintensiv sind Planungsverfahren etwa für Infrastuktur- oder Stadtentwicklungsprojekte insbesondere dann, wenn externe Unternehmen mit der Erstellung von Konzepten beauftragt werden. Gleiches gilt für externe Beratung in der Gesetzgebungsarbeit. So ließ sich die Bundesregierung im Jahr 2020 für 433,5 Millionen Euro von außenstehenden Unternehmen und Kanzleien beraten. Dagegen ist ein bundesweiter Bürgerrat im Vergleich sehr günstig. Der Bürgerrat Demokratie kostete 1,4 Mio. Euro und der Bürgerrat "Deutschlands Rolle in der Welt" 1,8 Mio. Euro. Dabei ist zu beachten, dass solche experimentellen Pilotprojekte als "Einzelanfertigungen" teurer sind als "in Serie hergestellte" Losversammlungen.

Nicht in Bürgerbeteiligung zu investieren kann sich zudem auch finanziell rächen. Finden Projekte in der Bevölkerung mangels Beteiligung keine Akzeptanz, sind die Kosten für deren Durchsetzung gegen Demonstrationen und Streiks sowie in Gerichtsverfahren sehr schnell sehr hoch. Gesellschaftliche Folge ist die Entwicklung von Ohnmachtsgefühlen in der Bevölkerung samt geringerem Vertrauen in Demokratie und Staat. Ohne Bürgerbeteiligung ist die Gefahr von Fehlentscheidungen und daraus entstehenden Fehlinvestititionen höher.

Bürgerbeteiligung beugt hingegen der Entwicklung von Konflikten vor und stärkt die Identifikation der Menschen mit ihrem politischen System, das dadurch gleich doppelt profitiert. Ein weiterer Vorteil ist die dauerhafte Aktivierung von Bürgerrat-Teilnehmenden, die sich auch nach Ende der Losversammlung zumindest teilweise weiter für Demokratie und Gemeinwohl engagieren. Sie konnten in Bürgerräten erleben, dass sie politisch kompetent sind, ihnen zugehört wird und ihr Beitrag dort Wirksamkeit entfaltet. Erfahrungen, die die meisten Menschen auf diese Weise in ihrem Leben sonst nicht machen. Diese Erfahrung prägt.

Aus all diesen Gründen sind Bürgerräte eine lohnende Investition.

Bürgerräte werden wie andere Beteiligungsverfahren je nach Thema und Zuständigkeit durch Bund, Land, Gemeinde oder Europäische Union finanziert. Wird eine Losversammlung von Seiten der Zivilgesellschaft organisiert, kann sie als Pilotprojekt z.B. durch Stiftungsmittel, Spenden wohlhabender Bürgerinnen und Bürger, lokaler Unternehmen oder durch Spendenaufrufe und Crowdfunding-Aktionen im Internet finanziert werden. Zur Unterstützung von Crowdfunding-Aktionen gibt es Portale, auf denen man die eigene Spendenaktion nur noch mit Text und Bildern einstellen muss, um sie dann bewerben zu können. 

Die Festlegung der Themen von Bürgerräten kann auf verschiedenen Wegen erfolgen. Zum einen können Regierung oder Parlament das Thema bestimmen. Zusätzlich können auch hier bereits zufällig geloste Menschen, Expertinnen und Experten, Abgeordnete sowie Verbände und Organisationen nach Aspekten gefragt werden, die sie im zuvor thematisch bestimmten Bürgerrat gerne diskutiert sähen.

Beim ständigen Bürgerdialog der Deutschsprachigen Gemeinschaft in Ostbelgien bestimmt ein aus zufällig gelosten Menschen zusammengesetztes Gremium die Themen. Regierung, Parlament und Bürger können hierzu Anregungen geben. Im österreichischen Vorarlberg und in der polnischen Stadt Danzig können Bürgerinnen und Bürger mit einer bestimmten Unterschriftenzahl selber einen Bürgerrat einberufen.

Beim ständigen Bürgerrat in Aachen wiederum können Einwohner Themenvorschläge einreichen, über die am Ende das Bürgerforum als Ausschuss des Stadtrats entscheidet.

Ein für einen Bürgerrat geeignetes Thema sollte zunächst in die Entscheidungskompetenz des zuständigen Parlaments oder Gemeinderats fallen. Ein kommunaler Bürgerrat zur Bildungspolitik wäre z.B. nicht sinnvoll, einer zu einem für alle zufriedenstellenden lokalen Angebot an Schulformen aber sehr wohl.

Zudem sollte eine Fragestellung in der gegebenen Zeit und unter den zur Verfügung stehenden Mitteln durch die Teilnehmenden beantwortbar sein. Stehen dem Bund, einem Land oder einer Kommune wenig Zeit und Geld für einen Bürgerrat zur Verfügung, ist im Umkehrschluss eine besonders konkrete Fragestellung nötig. Besonders wichtig bei der Fragestellung ist: Je konkreter die Fragestellung, desto klarer die Empfehlungen. Abstrakte und sehr offene Fragen, wie “Wie stellen wir uns die Zukunft in unserem Quartier vor?” werden sehr breite Antworten erhalten, die sich weniger direkt in die politische Arbeit einflechten lassen.

Generell ist es besonders hilfreich, Bürgerräte bei Fragestellungen anzuwenden, bei denen ein Konflikt in der Bevölkerung besteht oder mit bisherigen politischen Mitteln keine für die große Mehrheit zufriedenstellende Lösung gefunden werden konnte.

Für Menschen, die nicht für eine Teilnahme an einem Bürgerrat ausgelost wurden, gibt es verschiedene andere Beteiligungsmöglichkeiten. So können Interessierte sich z.B. über eine Internetseite mit ihren Ideen und Vorschläge einbringen. Diese fließen dann in die Beratungen der Bürgerrat-Mitglieder ein.

Eine weitere Möglichkeit ist die Durchführung von Bürgercafès, in denen Interessierte nach Ende eines Bürgerrates über dessen Ergebnisse informiert werden. Dort können sie die formulierten Empfehlungen kommentieren und Verbesserungsvorschläge machen, die in das Gesamtergebnis einfließen können.

Weiterhin ist es möglich, parallel zu einem Bürgerrat auch Veranstaltungen anzubieten, die für alle Interessierten offen sind. Dort würde über die gleichen Fragen beraten wie im Bürgerrat. Die Ergebnisse von Bürgerrat und offenen Bürgerversammlungen würden zusammengeführt und in die Beratung von Gemeinderat oder Parlament eingespeist.

Will man von einem Thema besonders betroffene Menschen berücksichtigen, kann man diese in so genannten Fokusgruppen untereinander beraten lassen, um die Ansichten, Meinungen und Ideen dieser Gruppen in das Verfahren einzubringen. So könnten Landwirte zu einer Fokusgruppe "Zukunft der Landwirtschaft" eingeladen werden oder Pflegepersonal zum Thema "Zukunft der Pflege". Die Ergebnisse dieser Fokusgruppen fließen dann in die Beratungen des Bürgerrates ein.

Zur Teilnahme an Bürgerräten bedarf es keiner besonderen Vorkenntnisse. Während der Bürgerrat-Sitzungen werden die Teilnehmenden durch Expertinnen und Experten über das zur Debatte stehende Thema in allen notwendigen Details informiert. Damit sind am Ende alle auf dem gleichen Wissensstand. Durch Vorträge und Diskussion untereinander bilden sich die Ausgelosten eine Meinung.

Dadurch, dass sie keine Fachleute sind, können Bürgerrat-Teilnehmende unbefangen an ein Thema herangehen. Ihre Meinungen haben sich zuvor noch nicht verfestigt. Alle Erfahrungen zeigen, dass Menschen, die an Bürgerräten teilnehmen, sehr motiviert und bereit sind, sich zu informieren und engagiert zu diskutieren. Sie tun dies nicht selten auch außerhalb der Bürgerrat-Sitzungen durch das Hinzuziehen von Quellen wie TV, Zeitungen, Büchern und Internet. Die Tatsache, als Ausgeloste ein Beteiligungsprivileg genießen zu können, ist allen Teilnehmenden bewusst. Entsprechend ernst nehmen sie ihre Aufgabe.

Was Bürgerrat-Teilnehmer nicht haben, ist eine Position, die sie nicht so einfach räumen können. Inhaltliche Positionierungen sind eine Hypothek für jeden Verein, jede Bürgerinitiative, jeden Verband und jede Partei. Wer nachgibt, verliert - zumindest in der Wahrnehmung der Medien wie des eigenen Hinterlands. Über sein Hinterland oder die Medien muss sich ein Mitglied eines Bürgerrat aber keine Gedanken machen. Das macht es unabhängig.

Natürlich findet man auch in Bürgerräten Menschen, die inhaltlich kompetent sind, oder die gut reden können, oder die politisch sehr interessiert sind. Sicherlich auch eine Person, die gleichzeitig interessiert und sprachlich eloquent und politisch ist. Aber man findet eben nicht nur diese. Und das ist etwas, was die Beteiligungsverfahren mit Zufallsauswahl von allen anderen Verfahren positiv unterscheidet.

Studien zeigen, dass Menschen desto weniger bereit sind, ihre Meinung zu korrigieren, je mehr sie sich bereits für kompetent halten oder sich sogar als Experte ansehen. Dieser Effekt wird in Bürgerräten vermieden.

Die in einem Bürgerrat auftretenden Expertinnen und Experten werden von einem Gremium auswählt, das eigens für die Organisation der Losversammlung gegründer wird. Es kann eine sogenannte Begleit- oder Spurgruppe eingerichtet werden, die aus Mitgliedern des Parlaments oder Gemeinderats, der Verwaltung, von Bürgerinitiativen, betroffenen zivilgesellschaftlichen Akteuren (z.B. Vereine) oder bekannten Persönlichkeiten bestehen (lokal z. B. die Pfarrerin oder der Apotheker).

Diese Gruppe, die aus nicht mehr als 8 - 10 Menschen bestehen sollte, hätte einzig und allein die Aufgabe, den Prozess zu beraten und zu begleiten. Konflikte können hier ausgehandelt und gelöst werden. Dazu zählt auch die Auswahl der beratenden Expertinnen und Experten. Grundsätzlich ist es sinnvoll, in Vorgesprächen mit Betroffenen oder Interessengruppen zu klären, welche Fachleute geeignet wären. Gegebenenfalls kann den Bürgerrat-Teilnehmenden auch während des laufenden Verfahrens die Möglichkeit eingeräumt werden, selbst weitere Fachleute einzuladen. 

Die Auswahl der in einem Bürgerrat vortragenden Expertinnen und Experten erfolgt nach folgenden Kriterien:

1. Themenkompetenz/Fachwissen

2. Ausgewogenheit der Experten-Stimmen zu einem Thema / es sollten möglichst alle Standpunkte und Perspektiven vertreten sein

3. Gute Allgemeinverständlichkeit/Fähigkeit, anschaulich zu erklären

4. Diversität (verschiedenen Geschlechter, Altersgruppen, Institutionen, Inland/Ausland, Menschen mit verschiedenen Hautfarben berücksichtigt).

Kritiker sehen die Möglichkeit einer Manipulation von Bürgerräten durch eine einseitige Expertenauswahl. Da die eingeladenen Fachleute meist öffentlich bekannt sind, kann eine schlechte Expertenauswahl aber erkannt werden. Wenn eine Regierung oder Verwaltung eine bestimmte Fachperson verhindert oder der Bürgerrat-Durchführer sich weigert, eine nachgefragte Experten-Meinung einzuholen, fällt das auf.

In Bürgerräten finden die eigentlichen Debatten in kleinen Gruppen statt, zu denen weder die Expertinnen und Experten, noch Medien oder Politikerinnen und Politiker Zutritt haben. So wird sichergestellt, dass sich in einem geschützten Raum eine ehrliche und ergebnisoffene Diskussion entfalten kann und niemand Sorge vor „peinlichen“ oder „unerwünschten“ Äußerungen haben muss. Die Rolle der Experten wird wie der gesamte Bürgerrat-Prozess zudem oft von unabhängigen wissenschaftlichen Instituten beobachtet, ausgewertet und bewertet. Auch dadurch würden Manipulationsversuche auffallen.

In einem Bürgerrat kommen Menschen mit unterschiedlichsten politischen Meinungen zu Wort. Insbesondere in den Kleingruppen-Diskussionen werden auch Ansichten geäußert, die das gesamte Spektrum vom linken, progressiven über das konservative bis in das eher rechte Meinungsspektrum widerspiegeln. Durch den Gewinn an Sachkenntnis und den Austausch mit Menschen mit anderen Meinungen setzen sich letztlich aber gemäßigtere und eher gemeinwohlorientierte Positionen durch.

Das 2019 in den USA durchgeführte Projekt America in One Room hat gezeigt, wie beratende Verfahren in Form von Bürgerräten sogar dazu beitragen können, dass Teilnehmende im Laufe des Verfahrens extreme politische Positionen räumen und mehr Verständnis für andere Meinungen entwickeln. Die Teilnehmenden erhielten umfassende und ausgewogene Informationen zu fünf Themen: Einwanderung, Wirtschaft, Gesundheitswesen, Außenpolitik und Umwelt. Im Laufe von vier Tagen diskutierten sie diese Themen in kleinen, moderierten Gruppen und größeren Plenarsitzungen.

Die Teilnehmenden füllten vor und nach der Veranstaltung einen ausführlichen Fragebogen aus. Nach der Teilnahme an "America in One Room" hatten sich die Teilnehmenden bei fast jedem Thema in Richtung der politischen Mitte bewegt. Außerdem verdoppelte sich der Anteil der Teilnehmenden, die der Meinung waren, dass die amerikanische Demokratie "gut funktioniert". Der Anteil derjenigen, die der Meinung waren, dass Menschen mit anderer Meinung "gute Gründe" dafür hatten, stieg um 20 Prozentpunkte. Die Effekte hielten auch langfristig an.

Es gibt Institute, die sich auf die Durchführung von Beteiligungsprozessen spezialisiert haben. Diese bilden eigene Moderatorinnen und Moderatoren aus oder nehmen für den Prozess externe Menschen mit Moderationserfahrung unter Vertrag. Die Moderation achtet u.a. darauf, dass alle Bürgerrat-Teilnehmenden in Diskussionen gleichermaßen zu Wort kommen und Expertinnen und Experten ihr Wissen sachlich und verständlich vermitteln.

Das Netzwerk Bürgerbeteiligung bietet auf seiner Internetseite eine Übersicht von professionellen Anbietern der Bürgerbeteiligung

Durch Bürgerräte erhalten Politikerinnen und Politiker eine Orientierung darüber, wie ein Durchschnitt der Bevölkerung nach umfassender Information und Diskussion über eine aktuelle politische Streitfrage denkt. Die Ergebnisse von Bürgerräten erlauben eine Einschätzung dazu, welche Maßnahmen eine Mehrheit der Bevölkerung bei Themen wie Klimaschutz, Pflege oder Rentenreform mittragen würde. Die in einem Bürgerrat formulierten Handlungsempfehlungen können als hilfreicher Kompass für politische Entscheidungen in Räten und Parlamenten dienen.

Bürgerrat-Mitglieder lernen, wie kompliziert politische Entscheidungsprozesse mitunter sind. Sie erfahren, in welchen Zwickmühlen Abgeordnete sich bei Entscheidungen nicht selten befinden. Dies führt zu einer Veränderung der Einstellung der Bürgerrat-Teilnehmenden gegenüber der Arbeit von Abgeordneten, die mit mehr Respekt betrachtet wird.

Fast alle Abgeordneten und Ratsmitglieder haben Themen für die sie sich besonders begeistern. Oft finden diese aber in den Räten und Parlamenten nicht genug Aufmerksamkeit. Oder eine Entscheidung darüber wird aufgrund ideologischer Differenzen blockiert oder sie fällt unbefriedigend aus. Wenn auch die Bevölkerung dies kritisch sieht, kann ein Bürgerrat für nicht oder unbefriedigend behandelte Probleme eine tragfähige Lösung finden. Damit eröffnen sich auch für gewählte Vertreter neue Wege, eine breite Debatte zu einem ihnen wichtigen Thema zu erreichen.

Ein weiteres Argument: Politikerinnen und Politiker sind oft mit dem Vorwurf konfrontiert, dass sie fernab der Sorgen der Menschen „da draußen“ entscheiden und wichtige Themen komplett außen vorlassen. Der Erfolg politisch extremer Personen und Bewegungen kommt unter anderem daher, dass Menschen die Politik als weit von ihrem Alltag entfernt erleben. Auch viele Menschen mit gemäßigten politischen Ansichten finden die Politik abgehoben und nicht mehr greifbar. In Bürgerräten sind Politik und Bevölkerung von Anfang an miteinander verbunden. Wenn die Politik wichtige Fragen mit den Menschen direkt bespricht, setzt sie ein positives Zeichen und stärkt das Vertrauen in die Politik wieder.

Für Verwaltungen haben Bürgerräte den Vorteil, dass der Umgang zwischen Verwaltungsmitarbeitenden und Bürgerinnen und Bürgern von Sachlichkeit statt Emotionalität geprägt ist. Das ist bei so mancher normaler Bürgerversammlung anders. Das in Verwaltungen vorhandene Fachwissen findet Anerkennung. Bürgerräte bieten durch meist mehrere Sitzungen mehr Zeit für Beratungen als andere Beteiligungsveranstaltungen. Für die Bürgerrat-Teilnehmenden ist hierdurch eine intensivere Befassung mit der Materie und ein tieferes Verständnis der Auswirkungen von Planungen möglich. Planungsalternativen können ausführlich erörtert werden. Informationsdefizite werden abgebaut. Hierdurch entwickelt sich ein Verständnis für die Arbeit von Verwaltungen.

Planungskritik von Bürgerinnen und Bürgern wird in eine konstruktive Aufarbeitung des Planungsproblems und in entsprechende Lösungsvorschläge überführt. Durch das zufallsbasierte Losverfahren findet eine gemeinwohlorientierte Bürgerbeteiligung statt, die über die Beteiligung der von einer Planung direkt Betroffenen hinausgeht. Deshalb sind Bürgerräte zur Begleitung von Planungsverfahren besonders geeignet.

Die Bürgerinnen und Bürger, die ihre kostbare Zeit für dieses Projekt einsetzen, können sehr sicher sein, dass die Ergebnisse nicht im Sande verlaufen, sondern von der Politik auch wirklich ernstgenommen werden. Findet ein Bürgerrat auf Initiative der Politik oder der Bevölkerung statt, sind alle Seiten am Prozess beteiligt und am Ergebnis interessiert. Gebündelt in einem Bürgergutachten werden Bürgerrat-Empfehlungen von der Politik und den Medien auch wahrgenommen.

Bürgerräten sind ein Forum von Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft, die auf Augenhöhe miteinander diskutieren. Konsensorientiert wird durch kooperative Zusammenarbeit nach Lösungen für aktuelle Problem gelöst. Dabei ist der Umgang untereinander respektvoll und von Wertschätzung geprägt. Alle Teilnehmenden kommen gleichermaßen zu Wort. Diese Erfahrung stärkt das Vertrauen in die eigene Kompetenz. Bürgerrat-Teilnehmende erleben sich und ihre Diskussionsbeiträge als wirksam. Dies führt nicht selten dazu, dass Bürgerrat-Mitglieder auch nach Ende ihrer Losversammlung politisch interessiert und aktiv bleiben, was sie zuvor teilweise nicht waren. Bürgerräte sind für die meisten Teilnehmenden daher eine sehr einmalige und wertvolle Erfahrung.

Bürgerräte sind so angelegt, dass sie nicht nur eine bestimmte Blase abbilden, sondern einen Querschnitt der gesamten Bevölkerung miteinbeziehen. Es werden ganz bewusst auch diejenigen mit angesprochen, die von der Politik frustriert sind, sich nicht gehört fühlen und der Meinung sind, dass momentan vieles falsch läuft.

Die Grundüberzeugung ist, dass es wichtig und richtig ist, miteinander zu reden - über Themen, nicht über Gesinnungen oder Personalien - solange bestimmte Regeln des Umgangs miteinander gewahrt bleiben. Es versteht sich von selbst, dass weder in den Veranstaltungen zur Themenfindung noch in den kleinen Gruppen, die über Lösungen beraten, menschenfeindliche, rassistische, Minderheiten verachtende, Gewalt verherrlichende oder respektlose Äußerungen - aus welcher politischen Richtung auch immer - einen Platz haben.

Es stimmt - Menschen aus sozial schwächeren Umfeldern beteiligen sich in der Politik seltener als Leute mit höheren Bildungsabschlüssen und guter Absicherung. Ein Bürgerrat bietet die Chance, auch die zu integrieren, die sich eigentlich nicht politisch engagieren. Durch die Zufallsauswahl kommen die unterschiedlichsten Menschen zusammen.

Die Bürgerrat-Praxis in anderen Ländern zeigt, dass sich nach einer „Aufwärmphase“ alle einbringen, niemand sich klein macht oder nicht traut zu sprechen und niemand die Gespräche als „Bühne“ missbraucht. Die Aufwandsentschädigung und die Organisation der Betreuung von Kindern oder Angehörigen stellen sicher, dass es sich jeder leisten kann, bei einem Bürgerrat mitzumachen.

Da die Mitglieder von Bürgerräten nicht gewählt werden, haben sie keine Entscheidungsbefugnis. Ihre Empfehlungen sind formell nicht bindend. Grundsätzlich ist es aber möglich, dass ein Parlament oder Gemeinderat schon vor Beginn eines Bürgerrates beschließt, sich mit den Ergebnissen zu befassen. Die Teilnehmer sollten die Möglichkeit haben, die Ergebnisse der Losversammlung im Parlament oder Gemeinderat oder in den zuständigen Ausschüssen vorzutragen. Zu diesem Zweck können sie als Gäste oder "sachkundige Bürger" hinzugezogen werden.

Es ist wichtig, dafür zu sorgen, dass sich Verwaltung und Rat mit den Ergebnissen auseinandersetzen und eine Rückmeldung geben, welche Empfehlungen sie übernehmen und welche nicht. Auf kommunaler Ebene ist es aber sowohl dem Gemeinderat als auch den Bürgerinnen und Bürgern überlassen, ob sie einen Bürgerentscheid über die Ergebnisse initiieren wollen. Es gibt keine rechtliche Möglichkeit, im Voraus zu beschließen, eine direkt-demokratische Abstimmung über das Ergebnis eines Bürgerrates einzuberufen. Der Gemeinderat könnte aber aus einem politischen Willen heraus so etwas im Voraus ankündigen.

Erfahrungsgemäß sind die Empfehlungen eines Bürgerrates allerdings nicht so formuliert, dass sich daraus eine Frage formulieren ließe, die in einem Bürgerentscheid mit einem einfachen “Ja” oder “Nein” zu beantworten wäre - zumindest lässt sich  das nicht voraussetzen. Initiativen können jedoch aus den Vorschlägen eines Bürgerrates konkrete Bürgerbegehren formulieren, wenn die Bürgerrat-Empfehlungen nicht umgesetzt werden.   

Formal sind Bürgerrat-Empfehlungen unverbindlich. Sie müssen also von Räten oder Parlamenten nicht umgesetzt werden. Für eine Umsetzung von Bürgerrat-Vorschlägen kommt es sehr auf die Rahmenbedingungen an.

Wird der Bürgerrat von allen Seiten akzeptiert und unterstützt? Erfährt die Öffentlichkeit von der Losversammlung und werden über die ausgelosten Menschen weitere Bürgerinnen und Bürger in das Verfahren miteinbezogen? Gibt es bzgl. der Umsetzung von Bürgerrat-Empfehlungen eine Rechenschaftspflicht von Regierungen und Verwaltungen? Wird die Umsetzung der Empfehlungen von einem unabhängigen Gremium verfolgt? Können all diese Fragen mit „Ja“ beantwortet werden, stehen die Chancen für eine Umsetzung der Empfehlungen zufällig geloster Bürgerinnen und Bürger gut.

Aktuell ist es leider noch schwierig, zuverlässige Einschätzungen zu den Erfolgen von Bürgerräten abzugeben. Der Grund: Die Dokumentation vieler Bürgerräte endet mit der Veröffentlichung der Empfehlungen. Viele Regierungen und Verwaltungen veröffentlichen keine Umsetzungsberichte, aus denen sich zuverlässig schließen ließe, wie welche Bürgerrat-Vorschläge umgesetzt wurden. Entsprechend schwierig ist es für Wissenschaftler, Daten für empirische Studien zu erheben.

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat in einem 2023 veröffentlichten Bericht festgestellt, dass in der Hälfte der untersuchten Fälle die Empfehlungen der Bürgerräte umgesetzt wurden.

Umsetzungsberichte sollten in Zukunft zum Standard-Bestandteil von Bürgerrat-Verfahren werden.

Häufig lohnt es sich, vom Problem her zu denken: Welches politische Problem gibt es, das Sie bisher nicht befriedigend gelöst sehen, bei dessen Lösung ein Bürgerrat aber helfen könnte? Gibt es andere Wege, das Problem anzugehen (z.B. einen offenen Brief lokaler Akteurinnen und Akteure, Bürgeranträge an den Stadtrat oder Bürgerbegehren), sollten diese ebenfalls erwogen werden.

Da man es als Einzelkämpfer immer besonders schwer hat, sollte der erste Schritt immer die Suche nach Gleichgesinnten sein, mit denen man zusammenarbeiten und sich die Arbeit teilen kann. So können sich Bürgerrat-Aktive z.B. je nach Talenten, Fähigkeiten und Interessen in Arbeitsbereiche wie Kontakt zu Politikern und Verwaltung, Pressearbeit, Online-Redaktion für eine eigene Internetseite, Redaktion für soziale Medien, Netzwerkarbeit, Material- und Videoerstellung, Infostand-Arbeit etc. aufteilen.

Ansprechen sollte man alle Menschen, die für die Einberufung eines Bürgerrates nützlich sein könnten. Das sind neben Politikerinnen und Politikern, Verwaltungen und Medien auch Menschen, die sehr bekannt sind, eine Autorität haben oder Vertrauen genießen, z.B. als Geistliche, Künstlerinnen und Künstler, Sportlerinnen und Sportler etc. Und natürlich ist es sinnvoll, mit Bürgerrat-Fachleuten zu kooperieren und sich von diesen Rat zu holen.

Der Begriff “Bürgerrat” ist nicht eindeutig definiert und führt bei vielen Menschen zu falschen Assoziationen, vor allem weil er schnell als “Alternative zum Stadtrat oder Parlament” verstanden wird. Andere wiederum verbinden damit eine bestimmte Partei oder politische Richtung. Deswegen ist es wichtig, die Bevölkerung umfassend über die Qualitäten des Verfahrens zu informieren. Hinzuweisen ist dabei insbesondere darauf, dass es sich um eine neue Form der Bürgerbeteiligung handelt, die nicht mit direkter Demokratie durch Volks- und Bürgerentscheide zu verwechseln ist, da es sich um eine konsultative, das heißt beratende Form der Beteiligung handelt.

Oftmals gibt es bereits Beteiligungsangebote: Hier kann es sinnvoll sein, das Prinzip der Zufallsauswahl auf die vorhandenen Verfahren anzuwenden. Ist sowieso ein Beteiligungsverfahren geplant, ließe sich anregen, die Teilnehmenden statt der gängigen Beteiligung auf Interessensbasis per Zufall auszulosen. Denn auch Politik und Verwaltung sind manchmal enttäuscht darüber, dass tendenziell nur jene teilnehmen, die ohnehin engagiert sind und die notwendige Zeit und Ressourcen haben. So findet man unter Umständen auch in Verwaltung und Politik Zuspruch für die Alternative Losverfahren. 

Eine Übersicht bereits bestehender Bürgerrat-Initiativen finden Sie hier.

Hilfreich ist auch der Austausch von Wissen und Erfahrungen im Netzwerk Bürgerräte.

Materialien

Hinweis: Weitere hilfreiche Antworten zur Planung und Durchführung zufällig geloster Bürgerversammlungen gibt es auf der Internetseite des Bürgerrat-Projektes LOSLAND.