Demokratie-Studie fordert mehr Bürgerräte

Philipp Reiss (CC BY-SA 2.0)

„Bürgerräte müssen häufiger ihre Expertise einbringen können, um der Absonderung politischer Eliten und Institutionen entgegenzuwirken.“ Diese Forderung steht in einer Demokratie-Studie der Körber-Stiftung, die am 10. Dezember 2021 veröffentlicht wurde.

Laut der Studie „Demokratie in der Krise. Ein Weckruf zur Erneuerung im Angesicht der Pandemie“ haben nur 50 Prozent der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland Vertrauen in die Demokratie. 30 Prozent vertrauten ihr weniger bis gar nicht. Auch für öffentliche Einrichtungen und Institutionen sei das Vertrauens nicht sonderlich stark ausgeprägt: Lediglich 32 Prozent der Befragten hätten Vertrauen in Bundestag und Bundesregierung, nur 20 Prozent vertrauten Parteien.

„Dramatisch gesunkenes Vertrauen gefährdet den Zusammenhalt“

Am stärksten sei der Zuspruch der Deutschen noch gegenüber der Wissenschaft (67 Prozent) und dem Bundesverfassungsgericht (55 Prozent) ausgeprägt. Das zeige eine repräsentative Umfrage im Auftrag der Körber-Stiftung, durchgeführt vom Meinungsforschungsinstitut policy matters im Oktober 2021.

„Das dramatisch gesunkene Vertrauen in Staat und Wissenschaft gefährdet den Zusammenhalt, hier zeigt sich dringender Handlungsbedarf“ kommentiert Sven Tetzlaff, Leiter des Bereichs Demokratie, Engagement, Zusammenhalt der Körber-Stiftung die Umfrageergebnisse. „Es braucht eine neue Bürgerorientierung der Politik: Entscheidungen müssen erklärt, Dialoge auf Augenhöhe geführt und mehr Mitwirkung ermöglicht werden.“

Größere Minderheiten nicht abdriften lassen

„Eine Demokratie kann es sich nicht erlauben, größere Minderheiten in Fundamentalopposition, Resignation oder Wut abdriften zu lassen. Wenn solche Entwicklungen mit einem massiven Rationalitätsverlust einhergehen und in faschistisches, mythologisch oder religiös geprägtes fundamentalistisches oder auch esoterisch-verschwörungstheoretisches Denken münden, ist die Demokratie gefährdet“, sagt Philosoph und Staatsminister a.D. Julian Nida-Rümelin. Gemeinsam mit der Körber-Stiftung hat er die Studie "Demokratie in der Krise. Ein Weckruf zur Erneuerung im Angesicht der Pandemie" erarbeitet.

Die in der Studie u.a. erhobene Forderung nach Bürgerräten decke sich mit den dazu erhobenen Umfrageergebnissen. Eine Mehrheit von 71 Prozent der Befragten befürworte die Einbeziehung von Bürgerinnen und Bürgern in den Entscheidungsprozess wichtiger politischer Entscheidungen. Insbesondere in bürgernahen Bereichen hielten große Mehrheiten der Befragten Bürgerbeteiligung für sinnvoll. Kommunale Fragen bilden dabei nach Auskunft der Körber-Stiftung mit 84 Prozent den Spitzenwert, gefolgt von Fragen der Bildungspolitik (76 Prozent) und des Klimaschutzes (70 Prozent).

Mehr Informationen: Studie „Demokratie in der Krise. Ein Weckruf zur Erneuerung im Angesicht der Pandemie“

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