Düsseldorfer Bürgerrat will offene Oper für alle

In der Diskussion um die Zukunft der Düsseldorfer Oper haben am 25. August 2021 zufällig geloste Bürgerinnen und Bürger ihre Vorstellungen präsentiert. Zentrale Lage, gut erreichbar und raus aus ihrem Nischendasein. Das sind die zentralen Wünsche der Bürgerrat-Mitglieder für die künftige Oper. Das baufällige Opernhaus soll entweder saniert oder neu gebaut werden.
Die Leitlinien des Bürgerrates, die Ergebnisse der begleitenden anderen Beteiligungsformate sowie die Prüfungen und Untersuchungen der Verwaltung sind gebündelt in den Entscheidungsprozess eingeflossen: So wurden alle Aspekte anschaulich in einer Beschlussvorlage zur Grundsatzentscheidung "Opernhaus der Zukunft" zusammengeführt und Ende 2021 in die politischen Gremien eingebracht.
Internetseite zur Bürgerbeteiligung
Seit dem 18. Mai 2021 war eine Internetseite zur Öffentlichkeitsbeteiligung online. Sie hatte bis zum 25. August 2021 rund 8.300 Besuche zu verzeichnen. 191 Personen hatten sich auf der Website registriert und hinterließen 181 Ideen und 116 Kommentare.
Die Bürgerinnen und Bürger wurden durch eine Social-Media-Kampagne der Düsseldorf Marketing GmbH über Facebook und Instagram über die Möglichkeit der Beteiligung informiert. Anders als bei den übrigen Beteiligungsformaten gingen über diese Kanäle auch Kommentare ein, die eine kritische Haltung gegenüber dem Projekt widerspiegelten. Diese beziehen sich hauptsächlich auf die Kostenhöhe für einen Opernneubau. Auch wurde die Rechtfertigung einer Finanzierung durch die öffentliche Hand hinterfragt.
Drei Dialogforen
Seit Mai 2021 fanden drei Dialogforen statt. Hier konnten sich interessierte Bürgerinnen und Bürger nicht nur über verschiedene Aspekte zur Oper informieren, sondern auch ihre Meinungen und Anregungen mitteilen und mitdiskutieren. Ergänzt wurden das Format durch verschiedene Expertenvorträge, wie durch den Beitrag von David Staples, einem renommierten Berater in der Opern- und Theaterszene, oder von Marc Grandmontagne, dem Geschäftsführenden Direktor des Deutschen Bühnenvereins.
Zudem wurden 15 Schlüsselgespräche mit Akteurinnen und Akteuren aus der Stadtgesellschaft geführt. Die Ergebnisse der individuell geführten Interviews sind auf der Website als ca. 5-minütige Videos abrufbar. Alle Akteure legen hier ihre Anregungen zum Opernhaus der Zukunft als Antwort von drei Fragen dar. Was macht das Opernhaus der Zukunft aus? Welche Kriterien sind für den Standort wichtig? Wie kann es zu einem Treffpunkt für alle Düsseldorferinnen und Düsseldorfer werden?
30 Bürgerrat-Mitglieder
Für den Bürgerrat waren rund 1.000 zufällig aus dem Melderegister ausgewählte Personen von der Stadt angeschrieben worden. Aus den positiven Rückmeldungen setzte das Amt für Statistik und Wahlen in mehreren Schritten drei in Bezug auf Geschlecht, Alter und Bezirk repräsentative Personengruppen mit je sechs Mitgliedern zusammen. Aus dem Jugendrat, dem Abonnentenkreis der Oper, der Belegschaft und dem Ensemble wurden jeweils drei Mitglieder den Gruppen zugelost.
Am Bürgerrat nahmen 14 Männer und 19 Frauen aus allen Düsseldorfer Bezirken teil. Die Mitglieder der Losversammlungen waren zwischen 17 und 84 Jahre alt. Ihre Verbindung zur Oper variierte zwischen "Ich arbeite in der Oper" bis zu "Ich war noch nie in der Oper".
Am 12., 26. Juni und am 21. August 2021 hatten die drei 10er-Gruppen in jeweils vierstündigen Sitzungen intensiv die drei obengenannten Fragestellungen zum Opernhaus der Zukunft diskutiert. Zwei professionelle Moderatorinnen je Gruppe dokumentierten den Verlauf des Meinungsaustauschs.
Bürgerwünsche sollen sich in Plänen wiederfinden
"Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass sich viele der Bürgerwünsche auch in unseren Plänen wiederfinden werden", begrüßte Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) viele Vorschläge. Die Düsseldorfer Stadtspitze favorisiert einen Neubau, ebenso wie ein Großteil der Politik. Die Kosten dafür wurden seinerzeit auf mindestens 716 Millionen Euro geschätzt.
"Wir wollen, dass die künftige Oper auch deutlich mehr zu bieten hat als nur Opernvorstellungen, damit sich viele Menschen angesprochen fühlen", meinte Katharina Ringwelski, eine der Sprecherinnen des Bürgerrates. Denkbar seien etwa Cafés, Restaurants oder auch weitere Räume für externe Künstler, sowie Angebote für Schulen und die Jugend allgemein.
Bürger wollen zentrale Innenstadt-Lage
Verschiedene Standorte waren für die künftige Oper in der engeren Auswahl. Neben dem aktuellen Standort am Hofgarten gab es auch Entwürfe von Architekturbüros für das Kaufhof-Gelände am Wehrhahn, am Südende der Königsallee, im Rheinpark oder im Medienhafen.
Nach Meinung der Bürger sind die Standorte Hafen und Rheinpark wegen ihrer schlechten Anbindung eher ungeeignet. Für die Option Wehrhahn sahen die Bürger deutlich mehr Potenzial. Teile des Hofgartens zu nutzen für einen Neubau am aktuellen Standort war dagegen für viele tabu.
Oper als Leuchtturmprojekt?
Uneins waren sich die Bürgerinnen und Bürger darüber, welche Dimension die künftige Oper haben sollte. Während sich die einen für eine sichtbare architektonische Landmarke aussprechen, waren andere für eine eher kleinere Oper, die sich besser ins Stadtbild einfügt.
Das denkmalgeschützte Opernhaus aus der Nachkriegszeit ist seit Jahren ein Sanierungsfall. Der Brandschutz und die Bühnentechnik sind marode, es fehlt an Platz. Die Stadt musste bereits einen zweistelligen Millionenbetrag investieren, damit der Betrieb überhaupt weiterlaufen kann.
Entscheidung über Neubau
Im Dezember 2021 hatte die Stadtverwaltung in einer Vorlage für einen Grundsatzbeschluss den Neubau der Oper empfohlen. Der Stadtrat hatte am 16. Dezember 2021 den Neubau des Düsseldorfer Opernhauses mehrheitlich beschlossen. Am 7. April 2022 hatte der Rat entschieden, dass die Landeshauptstadt einen städtebaulichen Wettbewerb für das Projekt "Opernhaus der Zukunft" initiiert. Der internationale Wettbewerb sollte für die Standorte Heinrich-Heine-Allee 16a und Am Wehrhahn 1 gemeinsam durchgeführt werden, um konkrete planerische Entwürfe für beide Standorte zu erhalten.
Am 8. September 2022 hatte der Stadtrat genaue Parameter und den Ablauf des Ideenwettbewerbs festgelegt. Außerdem wurde die Einrichtung eines Projektbeirats beschlossen worden, der - ergänzend zu den politischen Gremien und Ausschüssen - als öffentliche Stimme für die Umsetzung der Ergebnisse aus der Bürgerbeteiligung dienen soll. Er war als Stakeholder-Dialog nach Stellvertretungsprinzip vorgesehen. Die Benennung der Mitglieder erfolgte nach Vorschlägen aus der Kleinen Kommission Opernhaus der Zukunft. Die Bürgerbeteiligung hatte im Oktober 2022 begonnen und wurde bis Ende des ersten Quartals 2023 abgeschlossen.
Das Preisgericht des Wettbewerbsverfahrens zum Opernhaus der Zukunft hatte nach einer zweitägigen Sitzung sieben städtebauliche Arbeiten prämiert. Die 40 Ende 2022 eingereichten und Anfang Januar 2023 durch Sachverständige vorgeprüften Entwürfe wurden am 9. und 10. Februar 2023 durch ein unabhängiges Preisgericht bewertet. Für die beiden möglichen Standorte - Heinrich-Heine-Allee und Am Wehrhahn - wurden die besten vier beziehungsweise drei Entwürfe prämiert, die später als wichtige Grundlage für die Standortentscheidung gedient haben.
Standortentscheidung im Juni 2024
Unmittelbar nach Abschluss des Wettbewerbs hatte die Düsseldorfer Verwaltung damit begonnen, eine Standortempfehlung zu formulieren. Der Stadtrat hatte am 27. Juni 2024 das Areal Am Wehrhahn 1 und Oststraße 15 als neuen Standort für den Bau des Opernhauses der Zukunft beschlossen. Ein Ratsbeschluss vom 15. Juni 2023, der den Neubau an der Heinrich-Heine-Allee vorsah, wurde aufgehoben. Stattdessen hatte der Rat entschieden, das Grundstück Am Wehrhahn 1 und Oststraße 15 zu kaufen und für den Bau des neuen Opernhauses zu nutzen. Die Verwaltung wurde zudem beauftragt, einen Architekten- und Ingenieurwettbewerb für den neuen Standort vorzubereiten.
"Ein Neubau am Wehrhahn ist eine deutliche städtebauliche Aufwertung des Quartiers", erklärte Oberbürgermeister Keller in der Ratssitzung. Das Großprojekt sei dort deutlich wirtschaftlicher, weil die Stadt in eigenes Vermögen investiere. Außerdem seien dort Synergien mit anderen Einrichtungen möglich, etwa der Clara-Schumann-Musikschule.
Entscheidend für den Kurswechsel war die Insolvenz des umstrittenen Signa-Eigentümers René Benko, dem das Wehrhahn-Grundstück gehört. So konnte die Stadt die Fläche vergleichsweise günstig erwerben. "Das ist eine einmalige Chance, die müssen wir nutzen", betonte CDU-Planungsexperte Alexander Fils.
Grüne kritisieren fehlende Finanzierung
Kritik kam von den Grünen. "Es gibt von ihnen keine Aussagen, wie dieses Milliardenprojekt finanziert werden soll", so Bürgermeisterin Clara Gerlach. Die Stadt müsse auch Brücken sanieren, den öffentlichen Nahverkehr ausbauen oder die Energieversorgung sichern. "Eine Zustimmung zum jetzigen Zeitpunkt ist für uns unverantwortlich."
Auch die Linke kritisierte das Großprojekt. Fraktionssprecherin Julia Marmulla bezweifelte, ob eine neue Oper überhaupt das Richtige für das dortige Quartier wäre. Die Partei zitierte eine in ihrem Auftrag durchgeführte repräsentative Umfrage, nach der zwei Drittel der Düsseldorfer einen Opern-Neubau ablehnten. Die Linke forderte deshalb einen Bürgerentscheid dazu im Jahr 2025.
Linke klagt gegen Beschluss
Der Beschluss zum Neubau des Düsseldorfer Opernhauses war aus Sicht der Linken-Fraktion rechtswidrig. Sie hat deswegen Klage beim Düsseldorfer Verwaltungsgericht eingereicht, um die Vorgänge zu klären. Die Spitzen der Fraktionen von CDU, SPD und FDP im Düsseldorfer Stadtrat seien zwei Monate vorab über die Ankaufspläne von Grundstücken für den Neubau informiert worden, der Rest des Rates erst drei Tage vor der Beschlussfassung, argumentiert die Linke. Nicht-öffentliche Informationen habe man sogar erst zwei Tage vorher erhalten.
Die Linken-Fraktion sieht darin einen Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung aller Ratsmitglieder und einen Verstoß gegen die Kommunalverfassung. Aus Sicht der Linken wurde der Stadtrat damit überrumpelt.
Kritik an Geheimhaltung
Oberbürgermeister Keller hatte die Geheimhaltung mit der Absicht begründet, nur so einen günstigen Preis für die Grundstücke erzielen zu können. Dies zweifelt die Oppositionsfraktion an: Der genannte Preis von 133 Millionen Euro für die Grundstücke dürfte über dem Verkehrswert liegen und damit über dem Preis, den die Stadt mit ihrem Vorkaufsrecht hätte zahlen müssen.
Mit der Geheimhaltung habe das umstrittene Projekt vermutlich vielmehr gegen die breite Mehrheit der Bevölkerung durchgesetzt werden sollen. Außerdem sei mit einer zweifelhaften Eilbedürftigkeit operiert worden. Während es hieß, das alte Opernhaus am Hofgarten sei nur bis ins Jahr 2027 bespielbar und nicht sanierbar, sei es nun plötzlich bis 2032 bespielbar und es gebe auch Sanierungskonzepte.
Architekten- und Ingenieurwettbewerb beschlossen
Am 12. Dezember 2024 hatte der Düsseldorfer Stadtrat die Auslobung des Architekten- und Ingenieurwettbewerbes zur Realisierung des Opernhauses der Zukunft auf dem Grundstück des ehemaligen Kaufhofs „Am Wehrhahn“ beschlossen. Inhalt des sogenannten Auslobungsbeschlusses war der Start des Architekten- und Ingenieurswettbewerbes mit dem Ziel, einen Generalplaner für den Neubau des Opernhauses der Zukunft zu finden.
Das Raum- und Funktionsprogramm, welches in der Auslobung ausführlich beschrieben wird, umfasst insgesamt rund 38.000 Quadratmeter Nutzfläche am Standort Am Wehrhahn 1 und Oststraße 15. Künftig sollen dort neben der Deutschen Oper am Rhein auch die Clara-Schumann-Musikschule sowie die Musikbibliothek ein neues Zuhause bekommen. Durch die gemeinsame Nutzung von Flächen - wie bspw. Proberäumen oder Kantine - ergeben sich räumliche wie inhaltliches Synergien.
Öffnung für breitere Zielgruppe
Möglichkeiten für ein Restaurant, eine Brasserie oder weitere gastronomische Angebote öffnen das Opernhaus der Zukunft für eine breite Zielgruppe. Auch anderen Akteurinnen und Akteuren aus Kunst und Kultur soll Raum gegeben werden, um ihr Schaffen der Öffentlichkeit zu präsentieren und sich auszutauschen. Zusammen mit der Verbindung aus Opernhaus, Musikschule und Musikbibliothek werden so verschiedene Interessen, Angebote und Personengruppen unter einem Dach zusammengebracht - es entsteht ein Treffpunkt für Kunst, Medien und das urbane Leben.
Bereits in Vorbereitung auf den gemeinsamen Standort werden verschiedene Kooperationsformate von Oper, Musikschule und Musikbibliothek intensiviert. Darüber hinaus werden Gruppen mit Migrationsgeschichte aktiv angesprochen und eingebunden. Ein wichtiger Baustein ist in diesem Zusammenhang eine geplante Zusammenarbeit mit dem Verein „Haus der Kulturen" in Düsseldorf.
Stadtrat ist weiter zu beteiligen
Zudem stimmte der Stadtrat für einen von CDU, Grünen, SPD und FDP eingebrachten Änderungsantrag. Demnach ist dem Rat nach Abschluss des Architekten- und Ingenieurwettbewerbs erneut eine Beschlussvorlage zur Bestätigung des Siegerentwurfs und zur Bereitstellung weiterer finanzieller Mittel vorzulegen. Anschließend erfolgt die Beauftragung des Generalplaners.
Danach beginnt die Vorentwurfs- und Entwurfsplanung bis zum Ausführungs- und Finanzierungsbeschluss, der gegen Ende des Jahres 2028 vorgesehen ist. Darüber hinaus sind mit dem Änderungsantrag 1 Million Euro für die Entwicklung und Umsetzung eines Konzepts, um Opernhaus zu einem sogenannten „dritten Ort“ zu machen, vorgesehen.
Linke will Ratsbürgerentscheid
Die Linksfraktion im Stadtrat plant für die Ratssitzung am 10. Juli 2025 einen Antrag, bei dem es um einen Ratsbürgerentscheid zu dem Streitthema geht. Konkret will die Fraktion erreichen, dass alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt parallel zur Stimmabgabe bei der Kommunalwahl am 14. September 2025 ihr Votum zur Oper abgeben können. „Es geht darum: Opern-Neubau - oder nicht“, erklärt Fraktionschefin Julia Marmulla. „Wir leben in Zeiten von Umbrüchen und Krisen. Da suchen die Menschen nach Halt, Sicherheit, aber auch nach Beteiligung. Wer 1,56 Milliarden für eine neue Oper ausgeben möchte, der muss dazu die Bevölkerung fragen.“
Die von den Linken herangezogenen Kosten von insgesamt 1,56 Milliarden Euro für einen Opern-Neubau stammen aus einer Vorlage der Stadt aus dem Jahr 2021. „Wir haben die dort angegebene Summe für einen Neubau mit dem den aktuellen Grundstückswerten am Wehrhahn addiert“, erklärt Fraktionsgeschäftsführer Christian Jäger.
Was ist ein Ratsbürgerentscheid?
Anders als ein Bürgerentscheid, der per Bürgerbegehren mit einer in der Gemeindeordnung festgelegten Mindestanzahl an Unterschriften initiiert wird, wird ein Ratsbürgerentscheid vom Stadtrat beschlossen. Für die Durchführung des Ratsbürgerentscheids ist eine Zweidrittel-Mehrheit aller Ratsmitglieder notwendig.