„Bürgerräte ein sinnhaftes Konzept“
Der Rat der Samtgemeinde Meinersen bei Hannover hat am 15. März 2022 die Durchführung eines Bürgerrates zum Thema „Bürgerservice in der Samtgemeinde Meinersen neu gestalten“ beschlossen. Martin Coordes aus Müden an der Aller hat maßgeblich zu dieser Entscheidung beigetragen. Seit seiner Teilnahme am bundesweiten Bürgerrat Demokratie im Jahr 2019 engagiert er sich auf allen Ebenen für zufällig geloste Bürgerversammlungen. Wir haben ihm dazu ein paar Fragen gestellt.
Frage: Herr Coordes, der Rat der Samtgemeinde Meinersen hat am 15. März die Durchführung eines Bürgerrates zum Thema "Bürgerservice in der Samtgemeinde Meinersen neu gestalten" beschlossen. Wie kam es dazu?
Martin Coordes: Bei der Kommunalwahl im September 2021 wurde die parteilose Kandidatin Karin Single zur Bürgermeisterin gewählt. Sie hatte im Vorfeld der Wahl auch kleinere Orte besucht, unter anderem auch Ettenbüttel, meinen Heimatort. Bei der Veranstaltung an ihrem Bauwagen konnte ich das Thema Bürgerrat ansprechen. Es entstand eine längere Diskussion über das Thema, auch auf Nachfrage der anwesenden Bürger. Frau Single zeigte starkes Interesse an dieser neuen Form des Dialogs zwischen Politik und Bürgern. Die Zeit bis zur Stichwahl nutzte Frau Single zu einem einstündigen Gespräch, um noch mehr Informationen von mir zu erhalten.
Nach der für sie erfolgreichen Stichwahl folgte ein weiteres Gespräch zum weiteren Vorgehen sowie der Wunsch, weitere Informationen bereitzustellen. Diese Informationen wurden in den Gesprächen mit den Fraktionen eingesetzt, um diese vorab für den Beschlussantrag im Samtgemeindeausschuss und Samtgemeinderat im März zu informieren. Hier wurde dem Beschlussantrag ohne Gegenstimmen zugestimmt.
Frage: Sie haben sich in der Samtgemeinde Meinersen für Bürgerräte eingesetzt. Wie haben Sie Bürgermeisterin, Samtgemeinderat und Verwaltung davon überzeugt?
Coordes: Durch das persönliche Gespräch und Erfahrungsberichte konnte das Basiswissen der Politiker und das Verständnis erhöht werden. Im Laufe des der Gespräche entstand eine Vertrauensbasis und die aus den Ängsten der Politiker etwa vor Machtverlust und Überforderung der Bürgerrat-Teilnehmer resultierenden Fragen konnten durch Beispiele und Erfahrungen beantwortet werden. Zuvor befürchtete Risiken und Bedrohungen wandelten sich zu Chancen.
Frage: Sie waren zufällig ausgelostes Mitglied des 2019 durchgeführten bundesweiten Bürgerrates Demokratie. Was hat Sie motiviert, sich danach für Bürgerräte einzusetzen? Wie sind Sie vorgegangen?
Coordes: Ich halte Bürgerräte für ein sinnhaftes Konzept, um wieder eine Resonanz zwischen Bürgern und Politikern zu erzeugen. Das Verständnis füreinander steigt, Bürger gelangen wieder in die Selbstverantwortung und Politiker fühlen ihre Arbeit wieder gesehen. Wertschätzender Umgang miteinander kehrt zurück.
Im Bundestagswahlkreis Gifhorn /Peine, in der Stadt Gifhorn und in der Samtgemeinde Meinersen habe ich Gespräche angeboten. Gab es keine Rückmeldung, habe ich nach vier Wochen freundlich nachgefragt, dann wieder nach acht Wochen.
Ich habe Gespräche geführt, informiert, um Unterstützung gebeten und weitere Gespräche angeboten. Sehr hilfreich waren auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Vorzimmern und Sekretariaten, die sehr am Thema Bürgerrat interessiert waren und nach Informationen darüber oft Türen geöffnet und Termine ermöglicht haben.
Frage: Was würden Sie Menschen raten, die sich in ihrer Stadt oder Gemeinde für Bürgerräte einsetzen wollen?
Coordes: Man sollte das persönliche Gespräch suchen, keine Forderungen stellen, sondern über Erfahrungen in Bürgerräten berichten, etwa über Stimmungsbilder, die Empathie der Teilnehmer untereinander, den wertschätzenden Umgang oder die Wichtigkeit der Moderation. Wichtig ist es auch, Fragen zuzulassen und möglichst mit eigenen Erlebnissen zu antworten. Es ist zudem sinnvoll, auch Kontakte zu Teilnehmern von Bürgerräten und Politikern mit Bürgerrat-Erfahrungen herzustellen. Auch kann man auf Videos, Berichte und Evaluationen verweisen. Man muss Geduld haben, darf keinen Druck aufbauen und nicht überfordern, sollte aber immer wieder Informationen anbieten und den Bedarf danach abfragen.
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