"Vertrauen in demokratischen Prozess festigen"

15. Juli 2025
Zeit Stiftung Bucericus / David Ausserhofer

In einem Appell an die Regierungskoalition von CDU/CSU und SPD fordert die Initiative für einen handlungsfähigen Staat die verstärkte Nutzung von Bürgerräten. Am 14. Juli 2025 übergaben die vier Initiatoren Julia Jäkel, Thomas de Maizière, Peer Steinbrück und Andreas Voßkuhle ihren Abschlussbericht an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, den Schirmherrn der Initiative.

„Um das Vertrauen in den demokratischen Prozess zu festigen, ist es (…) sinnvoll, die Bürgerinnen und Bürger stärker an der Willensbildung über öffentliche Angelegenheiten zu beteiligen. Eine gute Variante dafür bieten Bürgerräte“, heißt es im Bericht der Initiative.

Regelungsvorschlag

Bürgerräte sollen zufällig aus der Bevölkerung ausgelost werden. Unter der Beratung und Begleitung von Fachleuten sollen solche Losversammlungen zum jeweiligen Thema Vorschläge entwickeln. „Der Vorschlag muss innerhalb von neun Monaten parlamentarisch beraten werden. Wird ein Vorschlag abgelehnt, muss dies begründet werden“, schlägt die Initiative zum Verfahren vor.

Wie im vorherigen Koalitionsvertrag sei auch im aktuellen „ergänzend zur repräsentativen Demokratie” die Fortführung „dialogischer Beteiligungsformate wie zivilgesellschaftliche Bürgerräte“ vorgesehen. Bisher gab es nur einen vom Bundestag beauftragten Bürgerrat zum Thema „Ernährung im Wandel“.

Kritik an Bürgerräten verständlich

Vor diesem Hintergrund werde die immer wieder geäußerte Kritik verständlich, dass Bürgerräte nur „Alibiveranstaltungen“ und bloße „Beschäftigungstherapien“ seien, bei vielen Beteiligten nur zu Enttäuschungen führten, die Bevölkerung nicht wirklich abbildeten und häufig von Expertinnen und Experten manipuliert würden. „Das belegt, wie wichtig die konkrete Ausgestaltung des Verfahrens für Bürgerräte ist“, heißt es im Abschlussbericht. .

Für die Akzeptanz und Funktionsfähigkeit von Bürgerräten sei zentral, dass:

  • die Themen des Bürgerrates von hohem öffentlichen Interesse und präzise eingegrenzt sind
  • Bürgergutachten als Arbeitsergebnisse von Bürgerräten einen klar umrissenen Zweck verfolgen und eindeutige Empfänger (Parlament, Regierung, Gemeinderat usw.) haben
  • die Empfänger die Empfehlungen des Bürgergutachtens erwägen und auch tatsächlich berücksichtigen können und der Öffentlichkeit einen Umsetzungsbericht vorlegen.

Die Initiative für einen handlungsfähigen Staat schlägt vor, die Einberufung eines Bürgerrates von einer Initiative der Bundesregierung, des Bundestages und des Bundesrates oder von einem bestimmten Quorum von Bürgerinnen und Bürgern (zum Beispiel 100 000 Unterschriften für die Einsetzung eines solchen Rats) abhängig zu machen. „Verfassungsrechtlich spricht bei entsprechender Ausgestaltung der Bürgerräte nichts gegen ihre Einführung“, stellt die Initiative fest.

Über die Initiative

Die Initiative für einen handlungsfähigen Staat ist eine gemeinsame Initiative der Medienmanagerin und Aufsichtsrätin Julia Jäkel, der ehemaligen Bundesminister Thomas de Maizière und Peer Steinbrück und des Staatsrechtlers und langjährigen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Andreas Voßkuhle. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Schirmherrschaft übernommen.

Die Initiatoren, die unabhängig von Parteien und anderen Interessenvertretern und ehrenamtlich agieren, wollen mit ihrer Arbeit „dazu beitragen, Blockaden und Selbstblockaden staatlichen Handelns aufzulösen“.  

Zur Erarbeitung ihrer Vorschläge haben die vier Initiatoren mit 54 Expertinnen und Experten in sieben Arbeitsgruppen debattiert. Die Teilnehmenden kamen aus unterschiedlichen Lebensfeldern und allen Teilen Deutschlands – Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Schulleiterinnen und Schulleiter, Unternehmerinnen und Unternehmer, und Verwaltungsprofis, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie IT-Fachleute. Darüber hinaus sind Rückmeldungen zahlreicher Alumnae und Alumni der die Initiative unterstützenden Stiftungen in den Abschlussbericht eingeflossen - jungen Praktikerinnen und Praktikern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung.

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