Sterbehilfe-Gesetzentwurf nach Bürgerrat

Auf Empfehlung eines Bürgerrates hat das Parlament der britischen Kanalinsel Jersey am 24. November 2021 die Legalisierung der Sterbehilfe grundsätzlich gebilligt. Derzeit wird an einem Gesetzentwurf dazu gearbeitet.
Im Frühjahr 2021 hatte ein Bürgerrat mit großer Mehrheit für eine Änderung des Gesetzes zur Sterbehilfe gestimmt. 78,3 Prozent der Bürgerrat-Teilnehmenden votierten dafür, dass Sterbehilfe für Erwachsene unter bestimmten Bedingungen erlaubt werden sollte. Dabei sollen allerdings strenge Regeln eingehalten werden. Eine Mehrheit von 69,6 Prozent war auch der Meinung, dass die Sterbehilfe auch für Menschen mit einer unheilbaren Krankheit oder unerträglichem Leiden verfügbar sein sollte. 22 Prozent vertraten die Meinung, dass diese Möglichkeit auf unheilbar Kranke beschränkt werden sollte.
Bürgerrat nach Petition einberufen
Der Bürgerrat war als Reaktion aufgrund einer Petition des Bündnisses „My Death, My Decision's Assisted Dying Coalition Partnern, End of Life Choices Jersey“ einberufen worden, die von 1.861 Inselbewohnern unterschrieben worden war. Der Bürgerrat aus 23 zufällig ausgelosten Menschen hatte sich von März bis Mai 2021 über einen Zeitraum von zehn Wochen getroffen.
Im Rahmen der Beratungen hatten die Bürgerrat-Mitglieder sich mit einer Reihe von Fragen im Zusammenhang mit dem Thema Sterbehilfe befasst. Dabei ging es z.B. darum, wie sich andere Länder dazu verhalten und wer berechtigt sein soll, Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen. Auch ging es um ethische und Glaubensfragen und um die Perspektiven von Angehörigen, betreuenden und nahestehenden Menschen. Zusätzlich wurden Fachleute aus dem Gesundheits- und Sozialwesen gehört.
Abstimmungsergebnisse
Zunächst stimmten 47,8 Prozent der Bürgerrat-Teilnehmenden grundsätzlich der Meinung zu, dass Sterbehilfe in Jersey erlaubt sein sollte. 26,1 Prozent wollten dies von den Umständen abhängig machen, während 17,4 Prozent die Sterbehilfe ablehnten. 77,3 Prozent sprachen sich dafür aus, dass vor einer Ermöglichung einer Sterbehilfe ein Gericht oder ein Fachgremium in den Entscheidungsprozess einbezogen wird. Abgestimmt wurde auch über Sterbehilfe für psychisch Kranke, ein Mindestalter, die möglichen Methoden, über diejenigen, die Sterbehilfe leisten können sollen und die Notwendigkeit einer Abkühlungsphase zwischen der Beantragung und der Durchführung der Sterbehilfe. Unter den festgelegten Bedingungen sprachen sich am Ende 78,3 der Bürgerrat-Mitglieder für die Erlaubnis der Sterbehilfe aus.
Das endgültige Bürgergutachten des Bürgerrates wurde am 15. September 2021 veröffentlicht. Der Ministerrat hatte im September einen Bericht zur Sterbehilfe veröffentlicht, bevor die Abgeordneten des Inselparlaments im November 2021 über die Empfehlungen des Bürgerrates entschieden.
Bürgerbefragung zur Sterbehilfe
Im Oktober 2022 hatte die Regierung von Jersey eine Befragung der Bürgerinnen und Bürger zu den Bürgerrat-Vorschlägen in Sachen Sterbehilfe gestartet. Bis zum 14. Januar 2023 waren Inselbewohner und Organisationen eingeladen, ihre Meinung dazu zu äußern, wie die Vorschläge umgesetzt werden können. Das Befragungsverfahren bestanden aus einer Online-Umfrage und Veranstaltungen, auf denen die Bürger ihre Meinungen äußern konnten. Die Regierung hatte dazu am 28. April 2023 einen Bericht veröffentlicht. Nach Abschluss des Befragungsverfahrens hatte das Parlament im März 2023 seine Beratungen über detaillierten Vorschläge zur Sterbehilfe begonnen.
Zum Thema Sterbehilfe sagte Gesundheitsminister Richard Renouf: "Wenn dies jemals eingeführt werden sollte, dann müssen wir sicherstellen, dass wir robusteste Sicherheitsregeln haben, um sicherzustellen, dass wir zu Entscheidungen kommen, die wirklich den Willen der Menschen widerspiegeln, und nicht zu Entscheidungen, die nur getroffen werden, weil die Menschen das Gefühl haben, dass sie zu einer Belastung für ihre Familien oder die Gesellschaft werden."
Arbeit an Gesetzentwurf
Am 7. November 2023 hatte die Regierung einen Ethik-Prüfbericht veröffentlicht. Am 22. März 2024 wurden dem Parlament detaillierte Vorschläge zur Regelung der Sterbehilfe vorgelegt. Die Vorschläge wurden vom Parlament am 21. Mai 2024 gebilligt. Der Minister für Gesundheit und Pflege wurde aufgefordert, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der Sterbehilfe für Menschen mit einer unheilbaren Krankheit erlaubt.
Derzeit wird an einem Gesetzesentwurfs zur aktiven Sterbehilfe gearbeitet. Die Vorbereitung des Gesetzesentwurfs ist komplex und es wird davon ausgegangen, dass dieses Verfahren mindestens 12 bis 18 Monate dauern wird. Das Parlament soll bis Ende 2025 darüber debattieren. Es wurde eine Arbeitsgruppe eingerichtet, um die Erarbeitung des Gesetzentwurfs zur Sterbehilfe zu unterstützen und dabei zu beraten.
Inkrafttreten frühestens im Sommer 2027
Wird der Gesetzentwurf vom Parlament angenommen, beginnt eine 18-monatige Umsetzungsfrist, bevor das Gesetz in Kraft tritt. In diesem Zeitraum werden alle erforderlichen Systeme und Schutzmaßnahmen eingerichtet. Dazu gehören beispielsweise die Schulung des Gesundheitspersonals und die Erstellung von öffentlich zugänglichen Informationen zur aktiven Sterbehilfe.
Das Parlament wird ein Gesetz mit einem festgelegten Datum verabschieden, das bestimmt, wann das Gesetz zur aktiven Sterbehilfe in Kraft tritt. Es wird davon ausgegangen, dass das Gesetz frühestens im Sommer 2027 in Kraft treten wird.
Umfrage-Mehrheit für Sterbehilfe
Eine im Mai 2021 im Auftrag von Dignity in Dying auf Jersey durchgeführte Einwohnerbefragung hatte ergeben, dass 73 Prozent der Inselbewohner die Sterbehilfe befürworten, auf der benachbarten Insel Guernsey waren es 69 Prozent.
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