"Menschen in der Klimapolitik eine Stimme geben"

21. Januar 2025
Burgerberaad Klimaat

Am 18. Januar 2025 hat in den Niederlanden der erste nationale Klima-Bürgerrat des Landes begonnen. 175 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren in Amersfoort zusammengekommen, um sich kennenzulernen und ihre Beratungen aufzunehmen. Die Losversammlung befasst sich mit den Themen nachhaltiger Konsum, Kreislaufwirtschaft und Reisen.

Die Ministerinnen Sophie Hermans und Judith Uitermark hatten gemeinsam mit der Bürgerrat-Vorsitzenden Nienke Meijer das Programm mit einer Fragerunde eröffnet. Darin betonte Ministerin Uitermark den Wert von Bürgerräten als demokratisches Instrument: „Politik, die von Menschen gemacht wird, sollte mit Menschen gemacht werden. Dies ist das erste Mal, dass in den Niederlanden ein nationaler Bürgerrat zum Thema Klima durchgeführt wird. Er bietet den Menschen in diesem Land die einmalige Gelegenheit, ihre Meinungen und Ideen ganz direkt zu äußern. Ein Bürgerrat gibt auch ein gutes Bild davon, wie die Menschen in den Niederlanden über dieses Thema denken, und hilft dabei, breit abgestützte Lösungen zu finden.“

"Menschen in der Klimapolitik eine Stimme geben"

Ministerin Hermans (Klima und grünes Wachstum) unterstrich die Bedeutung der Initiative für ihre Politik: „Dieser Bürgerrat ist ein wichtiger Schritt, um den Menschen in der nationalen Klimapolitik eine Stimme zu geben. Denn was wir tun werden, um die Niederlande sauberer und wohlhabender zu machen, betrifft uns alle und fordert etwas von jedem. Wir müssen dies gemeinsam tun: die Regierungen, die Unternehmen und die Menschen in diesem Land. Deshalb bitten wir den Bürgerrat um Rat, wie wir dies gemeinsam tun können."

Die Bürgerrat-Vorsitzende Nienke Meijer freut sich, dass der Bürgerrat nun aus den Startlöchern gekommen ist: ''Wir haben heute eine wunderbare Gruppe von 175 Personen. Große Niederlande im Kleinen, könnte man sagen: jung und alt, aus allen Provinzen, mit unterschiedlichem Bildungsstand und unterschiedlichen Meinungen zur Klimapolitik. Und eines haben sie ganz klar gemeinsam: Sie alle freuen sich darauf, loszulegen, einander kennenzulernen und sind neugierig auf die Gespräche in den nächsten sechs Monaten.''

Ein besonderes Geburtstagsgeschenk

Mitte November 2024 hatten 70.000 zufällig geloste Einwohnerinnen und Einwohner der Niederlande eine Einladung zu diesem Klima-Bürgerrat erhalten. Die Ausgelosten konnten sich bis zum 1. Dezember 2024 für eine Teilnahme bewerben. 4.070 Eingeladene hatten ihr Interesse an einer Teilnahme bekundet.

Für Eva Rovers von der Organisation Bureau Burgerberaad ist der Versand der Bürgerrat-Einladungen ausgerechnet an ihrem Geburtstag ein besonderes Geburtstagsgeschenk. „Nach vier Jahren des Bittens, Redens, Schreibens, Beratens, (liebevollen) Drängens und Ziehens, einen nationalen Klima-Bürgerrat in den Niederlanden auf die Beine zu stellen, ist ausgerechnet heute der Startschuss“, schrieb sie an ihrem Geburtstag im sozialen Netzwerk LinkedIn.

Hoffnung durch Bürgerräte

In der Zeitung „De Correspondent“ schrieb sie: „Die Demokratien auf der ganzen Welt geraten ins Wanken oder verschwinden sogar ganz. Auch die niederländische Demokratie steht unter Druck: Die politische Spaltung ist tief, die Entscheidungsfindung stockt (…) und die Unzufriedenheit mit Politik und Regierung nimmt zu. Infolgedessen befürwortet ein Drittel der Niederländer eine autokratischere Regierungsform.“

Mit der wachsenden Zahl von Bürgerräten gebe es aber auch eine Hoffnung. Sie seien ein Spiegelbild der Gesellschaft, das gewichtige Empfehlungen für Probleme ausspreche, die von der Politik nicht gelöst werden könnten. Dies sei ein kluger Ansatz zur Lösung der größten Probleme unserer Zeit. „Ohne Polarisierung und Parteipolitik, aber mit einem Blick für unterschiedliche Perspektiven und Langfristigkeit“, so Rovers.

Vorsitzende ist Ansprechpartnerin

Die Bürgerrat-Vorsitzende Nienke Meijer hat Psychologie und Marketing studiert. Sie ist unter anderem Mitbegründerin und Partnerin der Stiftung De Buitenboordmotor, Mitglied der Aufsichtsräte von PostNL und Deloitte sowie Vorstandsvorsitzende der Stiftung De Volkskrant. Die Regierung hat sie zur Bürgerrat-Vorsitzenden gewählt, weil sie Erfahrung darin hat, verschiedene Gruppen und Parteien zusammenzubringen.

Die Bürgerrat-Vorsitzende ist ist Ansprechpartnerin für die Mitglieder des Bürgerrates, aber auch für Minister, das Parlament und Journalisten. Wenn der Bürgerrat zusammentritt, sorgt sie dafür, dass die Beratungen reibungslos verlaufen und alle respektvoll miteinander umgehen.

175 Teilnehmer

Auf der Internetseite des Bürgerrates heißt es: „Die Entscheidungen, die die Regierung zur Bekämpfung des Klimawandels trifft, betreffen jeden.“ Zum Beispiel müssten die Menschen für Einwegplastik mehr bezahlen oder mit einer Flugsteuer rechnen. Die Regierung hält es deshalb für wichtig, dass die Menschen bei diesen Entscheidungen mitreden können.

Der Bürgerrat besteht aus bis zu 175 Personen ab 16 Jahren, die nach den Kriterien Alter, Geschlecht, Bildung, Wohnort und Einstellung zur Klimapolitik ein Abbild der Gesellschaft sind. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollen eine Antwort auf die Frage finden, wie man Ernährung, und Reisen klimaschonender machen und umweltfreundlicher leben kann. Dabei geht es unter anderem um die Frage, ob nicht-nachhaltige Produkte teurer sein dürfen. Und darum, wie weit der Staat gehen sollte, um ein nachhaltiges Verhalten der Menschen zu fördern.

Experten und Interessenvertreter

Die erste Bürgerrat-Sitzung fand am 18. Januar 2025 statt. In der ersten Hälfte des Jahres tagt die Losversammlung an sechs Wochenenden in Amersfoort. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhalten eine Aufwandsentschädigung von 120 Euro pro Tagungsmonat. Außerdem wird eine Kinderbetreuung angeboten. Reise- und Unterkunftskosten werden erstattet.

Ihr Wissen über Klimawandel und Klimaschutz erhalten die Bürgerrat-Teilnehmer von Fachleuten und Interessenvertretern aus Verbänden, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, aber auch durch Exkursionen. Die Bürgerrat-Mitglieder entscheiden dabei so weit wie möglich selbst, welches Wissen und welche Informationen sie erhalten und nutzen wollen und mit welchen Experten und Interessenvertretern sie sprechen möchten. Ein unabhängiger Beirat stellt sicher, dass die vermittelten Informationen ausgewogen sind.

Regierung zur Antwort verpflichtet

Im September 2025 übergeben die Bürgerrat-Mitglieder der Regierung ihre Empfehlungen. Das Parlament berät dann über die Empfehlung und die Antwort der Regierung darauf. Im September 2026 diskutiert der Bürgerrat in einer abschließenden Sitzung mit Regierung und Parlament die Umsetzung der Empfehlungen. Durch eine entsprechende Vereinbarung ist die Regierung verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten eine Antwort auf die Empfehlungen zu geben. Sie muss dabei für jede Empfehlung angeben, ob diese angenommen wird. Die Ablehnung von Empfehlungen ist zu begründen.

Organisiert wird der Bürgerrat durch das das Overlegorgaan Fysieke Leefomgeving (Beratungsgremium für die physische Lebensumgebung - OFL). Das OFL ist eine unabhängige Plattform für Beratung und Zusammenarbeit zwischen Regierung, Bürgern, Unternehmen und Organisationen der Zivilgesellschaft. Es befasst sich mit der Umwelt, in der die Menschen leben, arbeiten, reisen und sich erholen.

14. nationaler Klima-Bürgerrat

Der Klima-Bürgerrat in den Niederlanden ist die 14. nationale Losversammlung zum Thema Klimaschutz. Ähnliche Bürgerräte gab es zuvor bereits in Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Luxemburg, Österreich, Schweden und Spanien. In Norwegen läuft derzeit ein Bürgerrat zu Konsum und Klimaschutz.

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