In Arnsberg soll mehr Los sein

22. Dezember 2024
Stadt Arnsberg

Ein Bürgerrat für mehr Miteinander und Demokratie in Arnsberg wünscht sich eine ständige Losversammlung für die Stadt. Die Ergebnisse des Bürgerrates wurden am 7. Dezember 2024 der Öffentlichkeit vorgestellt und am 12. Dezember dem Stadtrat vorgelegt.

Ziel des Bürgerrates war es, das gesellschaftliche Miteinander in Arnsberg zu fördern und demokratische Werte im Alltag sichtbarer zu machen. „Demokratie entsteht dort, wo Menschen täglich miteinander interagieren: in der Familie, in der Freizeit, in der Stadtgesellschaft, in Schulen und zunehmend auch in den sozialen Medien. Diese Bereiche erfordern eine enge Zusammenarbeit zwischen Kommunalpolitik, Verwaltung und den Bürger:innen, um demokratische Werte zu stärken und Verantwortung gemeinsam zu tragen“ heißt es in der Dokumentation des Bürgerrates.

Praktische Ansätze für demokratisches Miteinander

Der Bürgerrat hat sich dabei auch mit individuellen Handlungsmöglichkeiten befasst. Statt nur Empfehlungen für Politik und Verwaltung zu formulieren, haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Ideen entwickelt, die praktische Ansätze für ein demokratisches Miteinander in den verschiedenen Lebensbereichen aufzeigen.

Am wichtigsten ist den Bürgerrat-Mitgliedern hierbei die Einrichtung eines ständigen Bürgerrates. Geloste Bürgerversammlungen wurden als dauerhaftes Instrument demokratischer Beteiligung gesehen, die den Austausch zwischen Menschen mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund fördern sollen.

Was ist ein ständiger Bürgerrat?

Ständige Bürgerräte unterscheiden sich von anderen Losversammlungen durch ein auf kommunaler Ebene z.B. durch eine Satzung geregeltes Verfahren. In regelmäßigen Abständen beraten immer wieder neu geloste Teilnehmer über aktuelle Themen und formulieren Handlungsempfehlungen für den Gemeinderat. Die Ideen permanent arbeitender Losgremien stammt aus der Deutschsprachigen Gemeinschaft Ostbelgien mit ihrem ständigen Bürgerdialog. Nachahmer gibt es inzwischen in Aachen, Brüssel, Lüneburg, Mailand und Paris.

Ein weiterer zentraler Vorschlag des Arnsberger Bürgerrates war, alle Bürgerinnen und Bürger, die Interesse an einer Teilnahme an einem Bürgerrat bekundet haben, aktiv einzubinden, um das Potenzial vollständig auszuschöpfen.

Transparenz gewünscht

Auch das Thema Transparenz und Zugang zu Informationen erschien den Ausgelosten wichtig. Dabei ging es insbesondere um die Live-Übertragung von Ratssitzungen und die intensivere Nutzung digitaler und sozialer Plattformen durch die Stadt, um die Einwohnerinnen und Einwohner direkt und umfassend zu informieren.

Weiterhin wurde vorgeschlagen, Stadtfeste mit einem thematischen Bezug zur Demokratie zu organisieren, um das Bewusstsein für demokratische Werte auf eine zugängliche und lebendige Weise zu fördern. Zusätzlich wurde die Stärkung von Nachbarschaftsbeziehungen als Mittel für sozialen Zusammenhalt und lokale Vernetzung hervorgehoben.

Medienkompetenz und Demokratieverständnis fördern

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer setzen sich zudem für gezielte Aktionen zur Förderung der Medienkompetenz ein, um die Bevölkerung über die Gefahren des digitalen Raumes, wie etwa Cybermobbing, aufzuklären. Ergänzend wurde gefordert, Demokratieverständnis und -kompetenz insbesondere bei jungen Menschen zu fördern, etwa durch externe Referentinnen und Referenten in Schulen oder die Etablierung von dauerhaften Demokratie-Arbeitsgruppen mit Workshop-Angeboten.

Ein kreativer Ansatz war die Idee eines sogenannten Demokratiebusses - eines mobilen Begegnungspunkts, der von Ehrenamtlichen betreut wird und vor Ort Raum für Dialog, Diskussion und Information schaffen könnte. Auch die Einführung eines Jugendrates wurden als wichtige Schritte zur Einbindung junger Menschen in demokratische Prozesse gesehen und die Bestellung eines/einer Demokratiebeauftragten als sinnvoll erachtet.

Ideen umsetzen

Ein weiterer zentraler Punkt war der Wunsch, dass die erarbeiteten Ideen nicht nur diskutiert, sondern tatsächlich umgesetzt werden. Es wurde betont, dass echte Beteiligung Wertschätzung und sichtbare Ergebnisse voraussetzt

Für den Bürgerrat waren 4.000 nach dem Zufallsprinzip ausgewählte Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt Arnsberg zur Teilnahme eingeladen worden. Grundlage der Zufallsauswahl war das Einwohnermelderegister der Kommune. Interessierte konnten sich per Antwortbogen für eine Teilnahme bewerben. Von den 4.000 Eingeladen hatten 90 ihr Interesse an einer Teilnahme bekundet. Aus dieser Gruppe wurde eine Gruppe aus 30 Personen so zusammengestellt, dass sie nach Geschlecht, Alter, Haushaltsnettoeinkommen, Haushaltsgröße und Ortsteil ein möglichst gutes Abbild der Arnsberger Bevölkerung darstellte.

Versammlung am 23. November

Zwei Personen waren wegen Erkrankung verhindert, sodass der Bürgerrat aus 28 Personen bestand. Ausgeloste, die nicht teilnehmen konnten, hatten ein weiteres persönliches Anschreiben mit einer Einladung zur öffentlichen Vorstellung der Ergebnisse erhalten.

Am 23. November 2024 hatten sich die Bürgerrat-Mitglieder von 10 - 17 Uhr im Bürgerzentrum Bahnhof Arnsberg versammelt. Dort konnten sie einander kennenlernen und untereinander erkunden, was sie zur Teilnahme motiviert hat. Dr. David Gehne führte als Geschäftsführer des Zentrums für interdisziplinäre Regionalforschung (ZEFIR) der Ruhr-Universität Bochum in das Thema ein. Er war bereits 2008 in das Projekt "Bürgerkommune Arnsberg" eingebunden.

Herausforderungen der Demokratie diskutiert

Die Bürgerrat-Mitglieder diskutierten danach, was hat Sie bewogen hat, an der Losversammlung teilzunehmen. Außerdem ging es darum, was die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in ihrem Umfeld als Demokratie erleben. Gefragt wurde auch, was die Ausgelosten im Zusammenhang mit dem Thema Demokratie zum Zeitpunkt des Bürgerrates als besonders herausfordernd erlebt haben. Anschließend gab es im Rahmen eines World-Cafés einen Meinungsaustausch und eine Ideensammlung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Ein World-Café eröffnet mit relativ wenig Aufwand und professioneller Anleitung einen sicheren Raum, um die verschiedenen Sichtweisen auf ein Thema voneinander kennenzulernen, Muster zu entdecken und Ziele und Zusammenhänge zu erkennen, neue Umgangsformen kennenzulernen, zusammmenzuarbeiten, genau hinzuhören, zu hinterfragen, konstruktiv zu diskutieren und so gemeinsam Probleme aufzulösen. Es geht darum, möglichst alle Beteiligten zu Wort kommen zu lassen, gemeinsame Ziele und Strategien zu finden und dadurch ihre Bereitschaft zur Mitwirkung an den Veränderungsprozessen in ihrem Sinne zu entwickeln.

Themenbereiche

Inhaltlich ging es um die Themenbereiche

  • Demokratie mit Blick auf Bildung / Arbeit mit Kindern und Jugendlichen
  • Demokratie in der Familie
  • Demokratie in der Stadtgesellschaft / Freizeit / im Alltag

An drei Thementischen fanden Diskussionen zu folgenden Fragestellungen statt:

  • Wie erlebe ich die Demokratie aktuell in diesem Bereich?
  • Welche guten Beispiele kenne ich, wie die Demokratie hier schon gefördert wird?
  • Was braucht es an Veränderungen, neuen Ideen?
  • Wer könnte diese Ideen voranbringen?

Schwerpunktthemen herausgearbeitet

Abschließend wurden Schwerpunktthemen aus der Ideensammlung herausgearbeitet. Mithilfe eines Punktesystems, bei dem alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer drei Klebepunkte verteilen konnte, entstand eine Rangfolge der favorisierten Vorschläge und Ideen.

Die Bürgerrat-Dokumentation beinhaltet eine Reihe positiver Aussagen von Mitgliedern der Losversammlung:

„Ich habe ganz andere Diskussionsinhalte zum Thema Demokratie erwartet und gedacht, es geht darum, die Arbeit der Verwaltung zu hinterfragen. Aber ich habe mich auf die anderen Inhalte gut einlassen können und auch das war in Ordnung für mich.“

„Möglichkeit, die eigenen Sichtweisen zu überdenken“

„Der Austausch mit anderen gibt die Möglichkeit, die eigenen Sichtweisen zu überdenken.“

„Die Zusammensetzung der Gruppe in ihrer Vielfalt, auch im Hinblick auf die gemischte Altersstruktur, ist toll und bietet eine sehr gute Gelegenheit, sich mit Menschen auszutauschen, zu denen es sonst weniger Kontakt gibt.“

„Aufbruch zu etwas Neuem“

„Der Bürgerrat ist wie der Aufbruch zu etwas Neuem.“

„Ich habe mehr Motivation bekommen, mich politisch/ehrenamtlich zu engagieren.“

Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmern empfehlen die Teilnahme an einem Bürgerrat.

Information für Politiker, Verwaltung und Bürger

Die Ergebnisse dieses Bürgerrates wurden am 7. Dezember 2024 der Öffentlichkeit vorgestellt. Ziel der Veranstaltung war es, Politikerinnen und Politiker, Vertreter der Stadtverwaltung und weitere interessierte Bürgerinnen und Bürger der Stadt Arnsberg über die Inhalte des Bürgerrates zu informieren, sie einzubeziehen und zum Mitmachen einzuladen. Die Präsentation wurde durch einige Teilnehmer des Bürgerrates aktiv unterstützt. Sie teilten ihre Eindrücke und berichteten über die aus ihrer Sicht besonders wichtigen Aspekte.

Der Bürgerrat zu Miteinander und Demokratie war bereits die dritte Losversammlung in der Stadt. Der erste Bürgerrat hatte sich 2022 mit der Bewältung der seinerzeitigen Energiekrise befasst. 2023 ging es um „Positive Effekte auf meinen ökologischen Fußabdruck“.

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