"Ein durchdachtes Feedback aus Bürgersicht"

In Finnland hat eine Bürgerrat zum Thema Energieverbrauch im Haushalt am 3. März 2025 seine Empfehlungen dem Ministerium für Wirtschaft und Beschäftigung sowie dem Umweltministerium übergeben. Beide Ministerien hatten den Bürgerrat in Auftrag gegeben, um die Ansichten der Bürgerinnen und Bürger zu dem Thema zu erkunden.
Wandel in der Energieerzeugung
Finnland ist dabei, die Grundlage seiner Energieerzeugung von der Verbrennung von Öl und Kohle zu Kernkraft sowie Solar- und Windenergie zu wechseln. Dieser Wandel reduziert die Treibhausgasemissionen und erhöht die Unabhängigkeit von Energie-Importen. Er führt jedoch auch zu stärkeren Schwankungen der Strompreise und macht es erforderlich, den Stromverbrauch zeitlich zu steuern und den Gesamtverbrauch zu senken.
Der Bürgerrat hatte das Ziel, die aktuellen politischen Planungen in den Ministerien und die Umsetzung der auf EU-Ebene beschlossenen politischen Maßnahmen in Finnland zu unterstützen. Unter der Leitung des Ministeriums für Wirtschaft und Beschäftigung wird derzeit eine Energie- und Klimastrategie erarbeitet, während das Umweltministerium einen mittelfristigen Klimaplan vorbereitet.
Schlüsselthemen
Aufgabe des Bürgerrates war es, ein Bürgergutachten zu den wichtigsten Fragen zum Energieverbrauch im Haushalt zu verfassen, darunter:
- Was sollte bei der Förderung von Lösungen zur Nachfragesteuerung berücksichtigt werden?
- Wie können die wohnungsbaubezogenen politischen Maßnahmen des mittelfristigen Klimaplans (KAISU) auf akzeptable und wirksame Weise umgesetzt werden?
- Welche Gruppen sind in Bezug auf den Energieverbrauch besonders gefährdet?
- An wen sollten Energiesubventionen gerichtet werden und wie sollten sie zugeteilt werden?
- Wie, wo, wann und an wen sollten Energieberatungsdienste angeboten werden?
Die im Bürgerrat besprochenen Themen wurden in Zusammenarbeit mit den Ministerien festgelegt, um sie an die laufende Politikentwicklung anzupassen.
Der Bürgerrat war einberufen worden, um Entscheidungsträger zu diesen und anderen Themen zu beraten. Ziel war es, die Fairness und Akzeptanz der Energiepolitik zu verbessern.
Unterschiedliche Lebenssituationen berücksichtigen
Im Bürgergutachten der Losversammlung heißt es u.a., dass energiepolitische Lösungen die unterschiedlichen Lebenssituationen, finanziellen Möglichkeiten und Wohnformen der Menschen sowie regionale Unterschiede berücksichtigen sollten. Neben der Förderung von Demand-Response-Lösungen sollten auch Energiespeicher entwickelt werden, so die Bürgerrat-Mitglieder.
Demand Response ist ein Konzept des Energiemanagements, bei dem Endverbraucher auf Anreize oder Signale reagieren, um ihren Energieverbrauch zeitweise anzupassen oder zu reduzieren. Ziel ist es, die Nachfrage nach Energie flexibel zu steuern, um Engpässe im Stromnetz zu vermeiden oder auf Preisschwankungen zu reagieren. Dies kann durch die Verschiebung von Energieverbrauch auf Zeiten mit niedrigerer Nachfrage, die Aktivierung von Energiespeichern oder die Deaktivierung nicht-essenzieller Lasten erfolgen. Demand Response spielt eine wichtige Rolle bei der Integration erneuerbarer Energien und der Gewährleistung der Netzstabilität.
"Wertvoller Beitrag zur Entscheidungsvorbereitung"
„Der Bürgerrat spielt eine einzigartige und wichtige Rolle bei der Unterstützung der Vorbereitung politischer Entscheidungen, indem er aus Bürgersicht ein durchdachtes Feedback über die Angemessenheit der Maßnahmen liefert. Für das Umweltministerium sind die Ergebnisse der Versammlung ein wertvoller Beitrag zur Entscheidungsvorbereitung, insbesondere in Fragen des Wohnungsbaus“, sagte Juhani Damski, Staatssekretär im Umweltministerium, bei der Übergabe der Bürgervorschläge.
Riku Huttunen, Generaldirektor des Ministeriums für Wirtschaft und Beschäftigung, ergänzte: „Die Verbraucher sind die Hauptakteure, egal ob es um Energielösungen oder beispielsweise um den Stromverbrauch geht. Deshalb ist es wichtig und wertvoll, die Bürger zu aktivieren und zu befragen.“
8.000 Einladungen
Zur Gewinnung von Teilnehmerinnen und Teilnehmern für den Bürgerrat waren Einladungen und eine damit verbundene Umfrage an 8.000 zufällig ausgeloste Personen verschickt worden. Jede Bürgerin und jeder Bürger Finnlands ab 18 Jahren hatte also die gleiche Chance, zum Bürgerrat eingeladen zu werden.
Aus dem Pool der Freiwilligen wurden 75 Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausgewählt, um auf der Grundlage vorgegebener Quoten ein vielfältiges Abbild der finnischen Bevölkerung zu schaffen.
Für die Teilnahme waren keine thematischen Vorkenntnisse erforderlich, aber die Bürgerrat-Mitglieder mussten sich zur Teilnahme an allen Sitzungen verpflichten. Reise- und Unterbringungskosten wurden erstattet. Außerdem erhielten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Aufwandsentschädigung.
Sitzungen online und in Präsenz
Der Bürgerrat tagte:
- in Präsenz an zwei Wochenenden in Helsinki: 1. - 2. Februar und 15. - 16. Februar 2025
- Online an zwei Abenden: 29. Januar und 12. Februar 2025, von 17 bis 20 Uhr.
Vor dem Bürgerrat hatten die Ausgelosten Informationsmaterialien erhalten, um sich mit dem Thema vertraut zu machen. Während der Sitzungen wurde ihnen von mehreren Fachleuten aus dem Energiesektor das notwendige Wissen vermittelt. Danach hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über verschiedene Perspektiven und die präsentierten Informationen diskutiert und gemeinsam ihre Empfehlungen erarbeitet.
Der Bürgerrat wurde von geschulten Moderatorinnen und Moderatoren geleitet. Die Diskussionen folgten den Grundsätzen des deliberativen Bürgerdialogs, bei dem es darum geht, unterschiedliche Standpunkte anzuhören und sie sorgfältig mit wichtigen Informationen abzuwägen.
Bürgerrat von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern organisiert
Der Bürgerrat wurde im Rahmen des FLAIRE-Projekts von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universität Turku und des finnischen Umweltinstituts (Syke) organisiert. Die Losversammlung und die damit verbundene Forschung wurden vom Rat für strategische Forschung unterstützt, der der Finnischen Akademie unterstellt ist.