Bürgerrat zu Konsum und Klima

17. November 2024
Christian Schnettelker / www.manoftaste.de (CC BY 2.0)

Am 16. und 17. November 2024 haben sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des ersten norwegischen Bürgerrates zu ihrer ersten Präsenzsitzung getroffen. Bei dieser Sitzung haben die Mitglieder der Losversammlung sich persönlich kennengelernt und mehr über das Thema "Nachhaltiger Konsum" erfahren. Am 30. Oktober hatte es bereits eine Online-Sitzung gegeben. Deren Ziel war es, ein gemeinsames Verständnis für den Arbeitsauftrag und die künftige Arbeit des Bürgerrates zu entwickeln.

Regierung sucht Rat

Die Regierung möchte von den Bürgerinnen und Bürgern Empfehlungen und Ratschläge dazu bekommen, wie die Menschen weniger konsumieren können, um das Klima besser zu schützen. Am 5. September 2024 waren deshalb 40.000 Einwohnerinnen und Einwohner per SMS zum Nachhaltigkeits-Bürgerrat eingeladen worden.

Die angeschriebenen Handy-Nummern wurden per Zufallsverfahren erstellt. Die eingeladenen Bürgerinnen und Bürger hatten mit ihrer SMS einen Link und einen Code erhalten, mit dem sie sich bis zum 17. September über die Internetseite des Bürgerrates für eine Teilnahme an der Losversammlung bewerben konnten. Von denjenigen, die ihr Interesse bekundeten, wurden 66 Personen ausgewählt. Der Bürgerrat ist in Bezug auf Alter, Geschlecht, Bildung, Wohnort und Einstellung zum Konsum ein Mini-Norwegen.

Jugendliche überrepräsentiert

Teilnahmeberechtigt sind alle Einwohnerinnen und Einwohner Norwegens ab 18 Jahren. Dabei ist die Altersgruppe der 18 - 24-jährigen im Bürgerrat stärker vertreten als in der Bevölkerung. Statt sechs nehmen zwölf Einwohner aus der jüngsten Altersgruppe teil. Grund ist, dass diese Altersgruppe am längsten mit den klimapolitischen Entscheidungen leben muss. Durch eine größere Gruppe junger Menschen im Bürgerrat sollen diese außerdem mehr Selbstvertrauen bekommen und sich stärker an den Diskussionen beteiligen.

„Norwegen hat ein hohes Konsumniveau - viel höher, als die Natur vertragen kann“, heißt es auf der Internetseite des Bürgerrates. „Wir kaufen neue Kleidung und Schuhe, Möbel, Geräte für Haushalt und Freizeit sowie Elektronik in größerem Umfang als unsere Nachbarländer und die meisten anderen Länder in Europa.“

Wie Verbrauch verringern und ein gutes Leben führen?

Der Verbrauch werde sowohl durch die Politik, als auch durch die Entscheidungen, die jeder Einzelne im täglichen Leben trifft, bestimmt. Die Frage, die die Bürgerrat-Teilnehmer beantworten sollen, lautet: Wie können wir zusammenarbeiten, um unseren übermäßigen Verbrauch von Gütern zu verringern und gleichzeitig ein gutes Leben zu führen?

Die Regierung möchte wissen, was zu tun ist, um bis 2030 weniger Textilien, Schuhe, Elektronik, Möbel und Geräte für Haus und Freizeit zu konsumieren. Der „Überkonsum“ soll dabei auf eine Art und Weise verringert werden, die alle einbezieht und gerecht ist.

"Menschen wissen am besten, wo der Schuh drückt"

„Die Menschen im Land wissen am besten, wo der Schuh drückt. Ich hoffe, dass viele Menschen mitmachen wollen, und ich freue mich auf gute Ratschläge und Empfehlungen des Bürgerrates“, sagt Karianne Tung, Ministerin für Digitalisierung und öffentliche Verwaltung.

Die Internetseite des Bürgerrates erklärt auch dessen Vorteile: „Indem wir Menschen zu einem Bürgerrat einladen, wollen wir neue Stimmen zur Diskussion schwieriger gesellschaftlicher Herausforderungen anregen. Traditionell ist der öffentliche Diskurs in Norwegen oft von Sonderinteressen geprägt. Wir haben keine so ausgeprägte Tradition, die Stimmen der Bürger einzuladen, um zur Entwicklung konkreter politischer Maßnahmen beizutragen.“

Der Bürgerrat eröffne diese Möglichkeit. Eine der Stärken der Losversammlung sei es, dass sie ein Thema aus der Sicht des Bürgers betrachtet und daher Vorschläge und Lösungen vorlegen kann, die für Politiker nicht so leicht zu erkennen seien.

Diskussion mit Experten

Die Bürgerrat-Teilnehmer bekommen die Möglichkeit Fachleute anzuhören, mit diesen zu diskutieren und sich so über das Thema zu informieren. Sie können mit anderen Bürgern diskutieren und über Zielkonflikte zu beraten.

Die Empfehlungen des Bürgerrates werden in das kommende Weißbuch über die Ziele für nachhaltige Entwicklung einfließen.

„Der Welt den Weg weisen“

SoCentral und We Do Democracy wurden beauftragt, ein Bürgerrat-Sekretariat einzurichten, das unabhängig von der Regierung arbeitet. Die Auslosung der Bürgerrat-Teilnehmer wurde von Analyse & Tal durchgeführt

"Wir arbeiten seit langem an der Stärkung der nordischen Zusammenarbeit zur Förderung der deliberativen Demokratie in der nordischen Region. In Dänemark haben wir 20 landesweite, regionale und kommunale Bürgerräte durchgeführt, (…) und wir freuen uns, dass wir gemeinsam mit SoCentral und Analyse & Tal unser Wissen in Norwegens ersten Bürgerrat einbringen können. Unsere gemeinsame Hoffnung ist, dass der norwegische Bürgerrat dem Rest der nordischen Region und der Welt den Weg weisen wird“. sagt Zakia Elvang, Mitgründerin von We Do Democracy.

Experten-Beirat

Das Bürgerrat-Sekretariat ist für die technische und praktische Umsetzung des Verfahrens verantwortlich. Dem Sekretariat steht ein internationaler Experten-Beirat beratend zur Seite. Für die Durchführung des Bürgerrates stehen 2,7 Millionen norwegische Kronen zur Verfügung.

"Die norwegische Regierung hat den Rahmen für einen ehrgeizigen Klima-Bürgerrat geschaffen, das sich zu den OECD-Grundsätzen für die Umsetzung von Bürgerparlamenten verpflichtet. Norwegen hat (...) ein starkes Beratungsmandat um das Parlament herum eingerichtet, das die Regierung dazu verpflichtet, die Empfehlungen der Bürger entgegenzunehmen und darauf zu reagieren. Es wird spannend sein, das zu verfolgen“, sagt Lars Tønder, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Kopenhagen und Mitglied des Expertenbeirats für den norwegischen Klima-Bürgerrat.

13. nationaler Klima Bürgerrat

Der Bürgerrat wird in drei digitalen und zwei Präsenzsitzungen zusammenkommen. Das erste digitale Treffen fand am 30. Oktober 2024 statt. Termin der letzten Sitzung ist der 21. Januar 2025. Die im Bürgerrat entstehenden Vorschläge werden im Februar 2025 der Ministerin für Digitalisierung und öffentliche Verwaltung überreicht.

Der Klima-Bürgerrat in Norwegen ist die 13. nationale Losversammlung zum Thema Klimaschutz. Ähnliche Bürgerräte gab es zuvor bereits in Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Luxemburg, Österreich, Schweden und Spanien. In den Niederlanden soll in Kürze ein Klima-Bürgerrat stattfinden.

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