Bürgerblick auf Straßennamen

10. Mai 2024
Michael Sch. / Wikipedia

In Warendorf soll sich ein Bürgerrat Gedanken über das künftige Vorgehen bei der Benennung von Straßen machen. Das hat der Stadtrat am 16. Mai 2024 beschlossen. Hintergrund ist die Benennung von Straßen nach Menschen, denen die Unterstützung des Nationalsozialismus vorgeworfen wird.

Der Bürgerrat soll Empfehlungen zu folgenden Themen entwickeln:

1. Grundlegende Vorgaben für zukünftige Straßenbenennungen

2. Generelles Verfahren bei Anträgen zu Straßenumbenennungen

3. Umgang mit den konkret beantragten Umbenennungen von vier Straßen

Bürgerrat beginnt im Oktober 2024

Nachdem die Stadt im Juli 500 per Zufall aus dem Einwohnermelderegister geloste Bürgerinnen und Bürger ab 16 Jahren angeschrieben hatte, hatten sich bis zum Ende der Rückmeldefrist am 25. August fast 40 Personen zurückgemeldet, die am Bürgerrat teilnehmen wollten. Aus den Rückmeldungen wurde unter Berücksichtigung der Kriterien Alter, Geschlecht, Wohnort (Ortsteil) und Nationalität die 16 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Bürgerrates ausgelost.

Der Bürgerrat beginnt am 11. Oktober 2024. An diesem Tag stehen die Einführung in das Thema und das Kennenlernen im Mittelpunkt. Am 12. Oktober geht es dann in die Arbeitsphase.

Gegen Rassismus und Antisemitismus

SPD, Grüne und Die Linke/Die Partei im Stadtrat hatten im Dezember 2023 eine Neuregelung der Namensgebung von Straßen und Plätzen sowie zu deren Um- und Neubenennungen beantragt. Dabei hatten sie u.a. vorgeschlagen, dem Stadtrat die Zuständigkeit für das Thema zu geben. Namensvorschläge von Anwohnerinnen und Anwohnern sollen berücksichtigt werden. Außerdem sollen bei Umbenennungen Ausstellungen zu dieser Thematik im Stadtmuseum angeboten werden. Der Antrag sieht auch eine Erstattung von Kosten vor, die den Anwohnern etwa durch die Änderung von Dokumenten entstehen.

Durch die Änderung von Straßennamen soll gezeigt werden, dass die Stadt „mit Rassismus und Antisemitismus aber auch das Geringste nicht mehr zu tun haben will“. Das „merkwürdige Überleben“ NS-Belasteter in Straßennamen sei zu dokumentieren und zu erklären.

Ein emotionales Thema“

Konkret geht es um die Wagenfeldstraße, die Freiherr von Langen-Straße, den Agnes-Miegel-Weg und die Heinrich-Tenhumberg-Straße. Während den drei ersten Namensgebern die Unterstützung des Nationalsozialismus vorgeworfen wird, geht es beim ehemaligen Bischof Heinrich Tenhumberg um Verantwortung von sexuellem Missbrauchs unter dem Dach der katholischen Kirche.

Der Antrag nimmt eine inzwischen jahrzehntelange, weiterhin offene Diskussion über den Umgang mit historisch belasteten Straßennamen auf. „Die Historie der politischen Anträge und Diskussionen macht deutlich, dass keine klare Definition von Ehrwürdigkeit im Kontext von Straßenumbenennungen gegeben ist und die beantragten Straßennamen teilweise nicht direkt und zweifelsfrei als umzubenennende Straßennamen identifiziert werden können“, heißt es in einer Vorlage der Stadtverwaltung. Straßenumbenennungen stellten für die Anwohner der jeweiligen Straßen vielfach ein emotionales und mit Aufwand verbundenes Thema dar.

Bürgerrat-Leitfaden als Grundlage

Die Verwaltung hatte deshalb vorgeschlagen, einen Bürgerrat einzusetzen, damit Empfehlungen zu diesen Themen entwickelt werden können. Auch der Arbeitskreis Bürgerbeteiligung hatte sich dafür ausgesprochen, den ersten Bürgerrat in Warendorf mit dieser Thematik zu befassen. "Es wäre gut, ein breit getragenes Ergebnis zu erhalten", sagte Bürgermeister Peter Horstmann am 6. Mai 2024 im Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsausschuss.

Für die Durchführung eines Bürgerrates ist im Haushalt 2024 ein Budget von 25.000 Euro eingestellt. Der Bürgerrat wird auf Grundlage des Leitfadens zur Erprobung kommunaler Bürgerräte in der Stadt Warendorf stattfinden, den der Stadtrat am 21. März 2024 beschlossen hatte.

Experte beauftragt

Die Verwaltung hat den Historiker Dr. Matthias Frese (LWL-Institut für Regionalgeschichte) als ausgewiesenen Experten zum Thema „Straßenumbenennungen“, mit einer fachwissenschaftlichen Beurteilung der genannten Straßennamen beauftragt. Die Stellungnahme wird nach den Sommerferien 2024 vorliegen. Sie soll eine Diskussions- und Entscheidungsgrundlage sowohl für den Bürgerrat als auch für die Politik darstellen.

Mehr Informationen: Sitzungsvorlage zum Bürgerrat zu Straßenbenennungen