Bürgerrat macht Schule

19. März 2025
Firda

In den Niederlanden zieht die Losdemokratie jetzt in Schulen ein. Ein Projekt der Organisation „Bureau Burgerberaad“ macht es möglich.

Die sogenannten Schulräte folgen dabei denselben Grundsätzen wie ein Bürgerrat: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden per Losverfahren ausgewählt und spiegeln gemeinsam die Schulgemeinschaft wider. Mitglieder eines Schulrats können Schülerinnen und Schüler oder Studierende sein, manchmal auch Lehrerinnen und Lehrer und anderes Personal.

Probleme demokratisch angehen

Die Schulrat-Mitglieder arbeiten im Auftrag der Schulleitung an einem komplexen Problem, das diese alleine nicht lösen kann. Die Leitung der Schule nimmt die Vorschläge des Schulrates zur Lösung des Problems an, solange dabei vorher festgelegte Regeln eingehalten werden. Auf diese Weise können Schulen ihre Probleme demokratisch angehen.

Während der Sitzungen des Schulrates lernen Schülerinnen und Schüler oder Studierende, sich Gehör zu verschaffen. Dies stärkt ihr demokratisches Selbstbewusstsein. Sie lernen, dass ihr Beitrag zur Diskussion, zu Entscheidungen und zur Demokratie zählt. Sie erfahren, dass sie gehört werden, aber auch, dass sie gefordert und dass sie gemeinsam für das Ergebnis verantwortlich sind. Um zu guten Ratschlägen zu gelangen braucht es Zeit. Deshalb dauert ein Schulrat etwa fünf Tage, die sich auf zwei bis drei Monate verteilen.

Erste Pilotprojekte

Bureau Burgerberaad hat 2024 in berufsbildenden Schulen die ersten Schulrat-Pilotprojekte gestartet. Drei weitere solche Schulen nehmen an dem Projekt teil. Die Schulräte finden von Februar bis Juni 2025 statt.

Das Ziel ist, langfristig in allen Bildungsbereichen Schulräte zu ermöglichen. Das Pilotprojekt „Schulrat“ konzentriert sich nur auf die berufliche Sekundarbildung, aber Grund- und Sekundarschulen haben bereits Interesse an der Einführung von Schulräten bekundet.

Demokratie-Fitness

Im Rahmen der Schulräte kann auch das Programm „Democracy Fitness“ eingesetzt werden, also das Training der demokratischen Muskeln wie etwa aktives Zuhören, Widerspruch, Kompromisse eingehen und Maßnahmen ergreifen. Für jeden Muskel gibt es eine leicht zugängliche und effektive 30-minütige Trainingseinheit. Gruppen von bis zu 150 Personen können gleichzeitig trainieren.

Die Reaktionen auf das Projekt sind positiv. „Es war wunderbar zu sehen, wie offen und enthusiastisch alle diesem ziemlich aufregenden Abenteuer gegenüberstehen“, schrieb Eva Rovers, Mitgründerin von Bureau Burgerberaad nach der Vorstellung der Schulrat-Idee in einer Firda-Berufsschule.

Verantwortungsvolle Rolle in der Gesellschaft beibringen

„Es passt perfekt zu dem, wie wir die Schüler behandeln wollen und was wir ihnen beibringen wollen, wenn es um eine verantwortungsvolle Rolle in der Gesellschaft geht“, sagte der Firda-Vorsitzende Remco Meijerink.

Thematisch geht es dort um den Umgang mit Handys an der Schule. „Dieses Thema ist etwas anderes als beispielsweise die Farbe des Schuleingangs“, so Meijerink.

„Wer A sagt, muss auch B sagen“

Wenn es darum geht, was in der Firda-Schule mit Handys gemacht wird, können die Meinungen sehr unterschiedlich sein. Aber Meijerink hat versprochen, dass der Vorstand des Bildungsträgers das Ergebnis der fünftägigen Diskussionen, in denen das Thema von Fachleuten aus allen Blickwinkeln beleuchtet wird, ernsthaft beraten wird. Bureau Burgerberaad wird dabei beratend zur Seite stehen. 

„Wir sind immer damit bereit, auch zu prüfen, ob eine Empfehlung rechtlich, finanziell und praktisch durchführbar ist. Unser Betriebsrat und der Schülerrat werden ebenfalls ein Mitspracherecht haben. Aber klar: Wer A sagt, muss auch B sagen“,

Unterschied zur Schülervertretung

Der Schulrat unterscheidet sich von der Schülervertretung. Der Schulrat ist eine intensive, alle einbeziehende und zeitlich begrenzte Form der demokratischen Entscheidungsfindung. Er konzentriert sich auf die Förderung von staatsbürgerlichen Fähigkeiten und die Beteiligung an Diskussionen über wichtige Themen. Die Schülervertretung hingegen ist ein ständiges Gremium, das die Interessen der Schülerschaft vertritt. Beide Formen tragen zur Beteiligung der Schülerinnen und Schüler bei, jedoch auf unterschiedliche Weise und mit unterschiedlichen Zielen.

In Zusammenarbeit mit der Organisation JOBmbo, die die Interessen von Berufsschülerinnen und -schülern und Schülervertretungen vertritt, hat Bureau Burgerberaad ein Faltblatt entwickelt. Dieses erklärt, wie sich ein Schulrat von einer Schülervertretung unterscheidet. Außerdem gibt es Tipps für Schülervertretungen, die sich an einem Schulrat beteiligen möchten.

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