Bürgerforum fordert besseren Nichtraucherschutz
In Baden-Württemberg fordert ein zufällig gelostes Bürgerforum eine Erweiterung des Nichtraucherschutzes. 51 zufällig ausgesuchte Bürgerinnen und Bürger hatten vom 5. bis 26. Juli 2025 über dieses Thema beraten. Es ging darum, eine Änderung des Landesgesetzes vorzubereiten. Am 29. Juli 2025 hat ein Sprecherteam die gemeinsame Stellungnahme an Gesundheitsminister Manfred Lucha und Staatsrätin Barbara Bosch übergeben.
Ausweitung des Nichtraucherschutzes in Außenbereichen
Das Bürgerforum begrüßt die Erneuerung des Gesetzes. In seiner Stellungnahme spricht das Bürgerforum sich für eine Ausweitung des Nichtraucherschutzes in Außenbereichen aus. Nicht nur an Bus- und Straßenbahnhaltestellen sowie Kinderspielplätzen, wie es der Gesetzesentwurf vorsieht, sondern auch in
- Kultur- und Freizeiteinrichtungen,
- Sportstätten, Freibäder, Badeseen, Zoos,
- Biergärten, Open-Air-Veranstaltungen sowie
- in den Eingangsbereichen aller öffentliche zugänglichen Einrichtungen.
Zudem spricht sich das Bürgerforum dafür aus, dass zukünftig in Bier-, Wein- und Festzelten das Rauchen unterbleiben sollte. In Gaststätten und Diskotheken solle es keine Rauchernebenräume mehr geben. Auch in der Außengastronomie spricht sich eine Mehrheit der Bürginnen und Bürger für Rauchverbote aus, aber ebenso für den Erhalt von Shisha-Bars und Raucherkneipen.
Fundierte Meinungsbildung
Stephanie Wagner-Haas, Forumsmitglied und Teil des Sprecherteams, betont: “Uns ist deutlich geworden, dass Menschen, die besonderen Schutz brauchen, oftmals nicht den Gefahren durch Passivrauchen ausweichen können. Das sollte geändert werden.“
Hannes Adam, ebenfalls Vertreter des Bürgerforums, lobt den Prozess. „Jede Altersgruppe, also die Breite der Demographie war gut vertreten“, stellt er fest. „Der Austausch zwischen den Bürgerinnen und Bürgern hat aus meiner Sicht sehr zu einer fundierten Meinungsbildung beigetragen.“
Minister Lucha und Staatsrätin Bosch dankten den Teilnehmerinnen und Teilnehmern für ihre Arbeit. Die Empfehlungen fließen nun in die weitere Beratung über das Gesetz ein.
Beteiligungsscoping und Online-Beteiligung
Dem Bürgerforum war ein sogenanntes Beteiligungsscoping vorgeschaltet. Damit hatte am 22. Juli 2024 die Dialogische Bürgerbeteiligung begonnen. Dabei wurden knapp 20 Verbände und Interessengruppen aus ganz Baden-Württemberg angehört. Ergebnis des Beteiligungsscopings war eine im Vergleich zur ursprünglichen Version der Servicestelle Dialogische Bürgerbeteiligung BW ergänzte Themenlandkarte.
Die Öffentlichkeit konnte diese Themenlandkarte vom 26. Juli bis zum 16. August 2024 online auf dem Beteiligungsportal Baden-Württemberg kommentieren. Insgesamt waren 774 Kommentare und 37.186 Bewertungen auf dem Beteiligungsportal des Landes eingegangen. Die Fragen für die Online-Beteiligung lauteten: Welche Themen fehlen in der Themenlandkarte? Was müssen wir ergänzen? Auch die Liste mit möglichen Fachleuten für das Bürgerforum konnte ergänzt und kommentiert werden.
So entstand eine Themenlandkarte, mit den Aspekten, die im Bürgerforum behandelt werden sollen. Das sind zum Beispiel die Orte, an denen das Rauchen erlaubt sein soll. Auch der Kinder- und Jugendschutz, das Thema Gesundheit allgemein sowie die Interessen von Gastronomen und Veranstaltern werden besprochen.
Normales Gesetzgebungsverfahren wird ergänzt
„Das übliche Gesetzgebungsverfahren bleibt unverändert“, betonte der Leiter der Servicestelle Bürgerbeteiligung BW, Ulrich Arndt zum Start des Bürgerforums. Das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration hatte einen sogenannten Anhörungsentwurf erstellt, auf den die Regierungskoalition aus Grünen und CDU sich verständigt hatte. Der Ministerrat hat ihn formal am 8. Juli 2025 beschlossen. Es folgt die Anhörung von Verbänden. Außerdem kann die gesamte Bevölkerung den Gesetzentwurf auf dem Beteiligungsportal des Landes kommentieren.
Das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration prüft die so erhaltenen Anregungen. Daraus entsteht ein Gesetzentwurf, der im Anschluss erneut vom Ministerrat beschlossen wird. Dieser Entwurf wird dem Landtag übermittelt, der dann darüber entscheidet.
Breites Meinungsspektrum im Bürgerforum
Die Besonderheit des Verfahrens besteht darin, dass das Bürgerforum parallel zur Verbändeanhörung und zur Online-Bürgerbeteiligung berät. „Die Zufallsteilnehmenden bekommen neben dem Gesetzentwurf ein breites Spektrum an Meinungen vorgestellt. Das reicht vom strengsten Gesundheitsschutz bis hin zu einem sehr liberalen Ansatz. Ihre Aufgabe wird es sein, die vorgebrachten Themen und Sichtweisen nach ihrer Wichtigkeit und Relevanz zu ordnen", erklärt Arndt.
Für das Bürgerforum wurden im ersten Schritt insgesamt 7.500 Personen aus 15 Kommunen in Baden-Württemberg durch die Servicestelle Bürgerbeteiligung zufällig ausgewählt und angeschrieben. Die 15 Kommunen wurden ebenfalls aus den vier Regierungspräsidien des Landes mit Blick auf die unterschiedlichen Gemeindegrößen zufällig ausgelost.
Abbild der Bevölkerung
Anhand der Rückmeldungen der angeschriebenen Bürgerinnen und Bürger wurde das Bürgerforum endgültig zusammengesetzt. Da 450 Personen Interesse an einer Teilnahme hatten, hatte das Los entschieden. Die Zusammensetzung der Losversammlung entsprach der Verteilung der Landesbevölkerung zwischen den Regierungspräsidien, unterschiedlichen Altersgruppen und Menschen mit unterschiedlichen Bildungsabschlüssen und mit und ohne Migrationshintergrund.
Am Bürgerforum hatten insgesamt 51 Personen teilgenommen. Die ältesten Teilnehmenden waren im Jahr 1953 geboren, die jüngsten im Jahr 2008. Sie kamen aus den Kommunen Aspach, Ebhausen, Erbach, Gemmingen, Gutach, Karlsruhe, Meßkirch, Mosbach, Reutlingen, Rheinau, Rheinfelden, Sternenfels, Waiblingen und Weinstadt. Das geloste Forum hatte insgesamt viermal, davon zweimal online. Die letzte Sitzung fand am 26. Juli 2025 statt. Für ihre Teilnahme hatten alle Forumsmitglieder eine Aufwandsentschädigung von 250 Euro erhalten.