Bürger-Ideen für nachhaltigen Konsum

16. Februar 2025
Christian Schnettelker / www.manoftaste.de (CC BY 2.0)

Am 14. Februar 2025 haben die Mitglieder des norwegischen Bürgerrates für nachhaltigen Konsum ihre Empfehlungen an die Regierung übergeben. Karianne Tung, Ministerin für Digitalisierung und öffentliche Verwaltung, und Andreas Bjelland Eriksen, Minister für Klima und Umwelt, nahmen die Bürgervorschläge entgegen.

Der Bürgerrat schlägt unter anderem strengere Regeln für die Vermarktung von Angeboten vor, die zu unnötigen Käufen und übermäßigem Konsum anregen. Außerdem soll ein Pfandsystem für Waren wie Kleidung, Schuhe und Haushaltsgeräte geschaffen werden. Weiterhin fordert die Losversammlung die Regierung auf, eines Ausschusses einzusetzen, der nach dem Vorbild der Ernährungsberatung Nachhaltigkeitsratschläge ausarbeiten soll. Der Bürgerrat wünscht sich zudem, dass die Mehrwertsteuer auf nachhaltige Waren gesenkt und die Steuern auf umweltschädliche Produkte erhöht werden.

„Müssen aufhören, Ressourcen zu verschwenden“

Insgesamt haben die Bürgerrat-Mitglieder 25 Empfehlungen zu den Themen Zusammenarbeit von Regierung und Wirtschaft, Überkonsum Online-Handel und Werbung, Mehrwertsteuer und Abgaben, Wissensvermittlung, Bildung und lokale Nachhaltigkeit formuliert.

„Wir müssen aufhören, unsere Ressourcen zu verschwenden. Wenn alle Menschen so leben würden wie wir Norweger, bräuchten wir 3,2 Erden“, erklärte Umweltminister Andreas Bjelland Eriksen zur Übergabe der Empfehlungen des Bürgerrates.

40.000 Einladungen

Der erste norwegische Bürgerrat lief vom 16. November 2024 bis zum 21. Januar 2025. Die Regierung wollte durch die geloste Bürgerversammlung von den Einwohnerinnen und Einwohnern des Landes Empfehlungen und Ratschläge dazu bekommen, wie die Menschen weniger konsumieren können, um das Klima besser zu schützen. Am 5. September 2024 waren deshalb 40.000 Einwohnerinnen und Einwohner per SMS zum Nachhaltigkeits-Bürgerrat eingeladen worden.

Die angeschriebenen Handy-Nummern wurden per Zufallsverfahren erstellt. Die eingeladenen Bürgerinnen und Bürger hatten mit ihrer SMS einen Link und einen Code erhalten, mit dem sie sich bis zum 17. September über die Internetseite des Bürgerrates für eine Teilnahme an der Losversammlung bewerben konnten. Von denjenigen, die ihr Interesse bekundeten, wurden 66 Personen ausgewählt, von denen 54 am gesamten Bürgerrat teilnahmen. Der Bürgerrat war in Bezug auf Alter, Geschlecht, Bildung, Wohnort und Einstellung zum Konsum ein Mini-Norwegen.

Jugendliche überrepräsentiert

Teilnahmeberechtigt waren alle Einwohnerinnen und Einwohner Norwegens ab 18 Jahren. Dabei war die Altersgruppe der 18 - 24-jährigen im Bürgerrat stärker vertreten als in der Bevölkerung. Statt sechs nahmen zwölf Einwohner aus der jüngsten Altersgruppe teil. Grund war, dass diese Altersgruppe am längsten mit den klimapolitischen Entscheidungen leben muss. Durch eine größere Gruppe junger Menschen im Bürgerrat sollten diese außerdem mehr Selbstvertrauen bekommen und sich stärker an den Diskussionen beteiligen.

„Norwegen hat ein hohes Konsumniveau - viel höher, als die Natur vertragen kann“, heißt es auf der Internetseite des Bürgerrates. „Wir kaufen neue Kleidung und Schuhe, Möbel, Geräte für Haushalt und Freizeit sowie Elektronik in größerem Umfang als unsere Nachbarländer und die meisten anderen Länder in Europa.“

Wie Verbrauch verringern und ein gutes Leben führen?

Der Verbrauch werde sowohl durch die Politik, als auch durch die Entscheidungen, die jeder Einzelne im täglichen Leben trifft, bestimmt. Die Frage, die die Bürgerrat-Teilnehmer beantworten sollten, lautete: Wie können wir zusammenarbeiten, um unseren übermäßigen Verbrauch von Gütern zu verringern und gleichzeitig ein gutes Leben zu führen?

Die Regierung möchte wissen, was zu tun ist, um bis 2030 weniger Textilien, Schuhe, Elektronik, Möbel und Geräte für Haus und Freizeit zu konsumieren. Der „Überkonsum“ soll dabei auf eine Art und Weise verringert werden, die alle einbezieht und gerecht ist.

"Menschen wissen am besten, wo der Schuh drückt"

„Die Menschen im Land wissen am besten, wo der Schuh drückt. Ich freue mich auf gute Ratschläge und Empfehlungen des Bürgerrates“, sagte Ministerin Karianne Tung zum Start des Bürgerrates.

Die Internetseite des Bürgerrates erklärt auch dessen Vorteile: „Indem wir Menschen zu einem Bürgerrat einladen, wollen wir neue Stimmen zur Diskussion schwieriger gesellschaftlicher Herausforderungen anregen. Traditionell ist der öffentliche Diskurs in Norwegen oft von Sonderinteressen geprägt. Wir haben keine so ausgeprägte Tradition, die Stimmen der Bürger einzuladen, um zur Entwicklung konkreter politischer Maßnahmen beizutragen.“

Der Bürgerrat haben diese Möglichkeit eröffnet. Eine der Stärken der Losversammlung sei es, dass sie ein Thema aus der Sicht des Bürgers betrachtet und daher Vorschläge und Lösungen vorlegen kann, die für Politiker nicht so leicht zu erkennen seien.

Diskussion mit Experten

Die Bürgerrat-Teilnehmer hatten die Möglichkeit, Fachleute anzuhören, mit diesen zu diskutieren und sich so über das Thema zu informieren. Sie konnten mit anderen Bürgerinnen und Bürgern diskutieren und über Zielkonflikte beraten.

Die insgesamt 25 Empfehlungen des Bürgerrates werden in das kommende Weißbuch über die Ziele für nachhaltige Entwicklung einfließen.

„Der Welt den Weg weisen“

SoCentral und We Do Democracy waren beauftragt worden, ein Bürgerrat-Sekretariat einzurichten, das unabhängig von der Regierung arbeitet. Die Auslosung der Bürgerrat-Teilnehmer wurde von Analyse & Tal durchgeführt

"Wir arbeiten seit langem an der Stärkung der nordischen Zusammenarbeit zur Förderung der deliberativen Demokratie in der nordischen Region. In Dänemark haben wir 20 landesweite, regionale und kommunale Bürgerräte durchgeführt, (…) und wir freuen uns, dass wir gemeinsam mit SoCentral und Analyse & Tal unser Wissen in Norwegens ersten Bürgerrat einbringen können. Unsere gemeinsame Hoffnung ist, dass der norwegische Bürgerrat dem Rest der nordischen Region und der Welt den Weg weisen wird“. sagt Zakia Elvang, Mitgründerin von We Do Democracy.

Experten-Beirat

Das Bürgerrat-Sekretariat war für die technische und praktische Umsetzung des Verfahrens verantwortlich. Dem Sekretariat stand ein internationaler Experten-Beirat beratend zur Seite. Für die Durchführung des Bürgerrates standen 2,7 Millionen norwegische Kronen zur Verfügung.

"Die norwegische Regierung hat den Rahmen für einen ehrgeizigen Klima-Bürgerrat geschaffen, das sich zu den OECD-Grundsätzen für die Umsetzung von Bürgerparlamenten verpflichtet. Norwegen hat (...) ein starkes Beratungsmandat um das Parlament herum eingerichtet, das die Regierung dazu verpflichtet, die Empfehlungen der Bürger entgegenzunehmen und darauf zu reagieren. Es wird spannend sein, das zu verfolgen“, sagte Lars Tønder, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Kopenhagen und Mitglied des Expertenbeirats für den norwegischen Klima-Bürgerrat.

13. nationaler Klima Bürgerrat

Der Bürgerrat war in drei digitalen und zwei Präsenzsitzungen zusammengekommen. Das erste digitale Treffen fand am 30. Oktober 2024 statt. Termin der letzten Sitzung war der 21. Januar 2025.

Der Klima-Bürgerrat in Norwegen waar die 13. nationale Losversammlung zum Thema Klimaschutz. Ähnliche Bürgerräte gab es zuvor bereits in Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Luxemburg, Österreich, Schweden und Spanien. In den Niederlanden läuft derzeit ein weiterer Klima-Bürgerrat.

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