23 Empfehlungen zum EU-Haushalt

Am 18. Mai 2025 hat ein zufällig gelostes Bürgerforum 23 Empfehlungen zur Gestaltung des nächsten langfristigen Haushaltsplans der Europäischen Union beschlossen. Von März bis Mai hatten die Mitglieder der Losversammlung in drei Sitzungen über das Thema diskutiert.
Was ist der langfristige EU-Haushaltsplan?
Im langfristigen EU-Haushaltsplan wird für mehrere Jahre festgelegt, wieviel Geld in den EU-Haushalt fließt und wofür es ausgegeben wird. Der derzeitige langfristige Haushaltsplan hat eine Laufzeit von 2021 bis 2027 und beläuft sich auf 1,2 Billionen Euro, was in etwa einem Prozent des EU-Bruttoinlandprodukts entspricht.
Das Bruttoinlandsprodukt gibt den Gesamtwert aller Waren und Dienstleistungen an, die während eines Wirtschaftsjahres innerhalb der Grenzen einer Volkswirtschaft als Endprodukte erwirtschaftet wurden. Zum EU-Haushaltsplan hinzu kommen die rund 800 Milliarden Euro von NextGenerationEU, dem befristeten Instrument für die Erholung von den Folgen der Corona-Pandemie.
Aus dem EU-Haushalt werden Projekte und Maßnahmen zur sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung der europäischen Regionen finanziert. Landwirtinnen und Landwirte in den ländlichen Regionen werden unterstützt, die Umwelt geschützt und der Klimawandel bekämpft. Weitere Beispiele sind die Förderung des digitalen Umbaus der Gesellschaft sowie von Forschung und Innovation.
Neuer Ansatz für modernen EU-Haushalt
Der erste Vorschlag der Kommission für den nächsten langfristigen EU-Haushalt ist seit dem 12. Februar 2025 verfügbar. Die EU-Länder, Unternehmen und Bürger müssen die Funktionsweise des EU-Haushalts überdenken, um ihn zukunftsfähig zu machen, so die EU-Kommission. Um weiterhin ein freies, demokratisches, sicheres, wohlhabendes und wettbewerbsfähiges Europa zu unterstützen, müsse der langfristige Haushalt einfacher, wirkungsvoller und zielgerichteter sein.
Der neue Ansatz für einen modernen EU-Haushalt soll Folgendes umfassen:
- Ein Plan für jedes Land: Der neue Ansatz für einen modernen EU-Haushalt sollte einen Plan für jedes Land mit wichtigen Reformen und Investitionen beinhalten, der in Zusammenarbeit mit nationalen, regionalen und lokalen Behörden entworfen und umgesetzt wird.
- Europäischer Fonds für Wettbewerbsfähigkeit: Dieser Fonds soll Investitionskapazitäten zur Unterstützung strategischer Sektoren und kritischer Technologien schaffen.
- Finanzierung für auswärtige Maßnahmen: eine neu gestaltete Finanzierung für auswärtige Maßnahmen soll wirkungsvoller, zielgerichteter und auf strategische Interessen ausgerichtet sein und zu einer neuen Außenpolitik beitragen.
- Schutz der Rechtsstaatlichkeit: Der Haushalt sollte auch zusätzliche Schutzmaßnahmen zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit enthalten. Darüber hinaus sollte der EU-Haushalt auf modernisierte Einnahmen zurückgreifen können, um eine ausreichende und nachhaltige Finanzierung unserer gemeinsamen Prioritäten sicherzustellen.
Begrenzte finanzielle Ressourcen
Weil der EU-Haushalt nur über begrenzte finanzielle Ressourcen verfügt haben sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Bürgerforums auf zwei Fragen konzentriert:
- Für welche Prioritäten sollte der EU-Haushalt in Zukunft aufgewendet werden?
- In welche Arten von Maßnahmen sollte der EU-Haushalt fließen, um diese Prioritäten umzusetzen?
Strategische Planung, Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit
Im Bericht des Bürgerforums heißt es: „Für uns ist es von entscheidender Bedeutung, dass der neue EU-Haushalt dazu beiträgt, die Zukunft der EU, ihrer Mitgliedstaaten und ihrer Bürgerinnen und Bürger zu gestalten. Strategische Planung und Maßnahmen, die langfristige Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit gewährleisten, sind von entscheidender Bedeutung.
Dazu gehören Investitionen in Bildung, Innovation, Sicherheit, Verteidigung, Umwelt, Infrastruktur, Gesundheitsversorgung und Kommunikation, um eine solide Grundlage für künftige Generationen zu schaffen.“
Gemeinsame Werte stärken
Zu diesem Zweck soll ein angemessen ausgestatteter EU-Haushalt nach Meinung der Forumsmitglieder die gemeinsamen Werte stärken, Solidarität zwischen den Mitgliedsstaaten gewährleisten, die Ungleichheit verringern, Klima- und Umweltbelange berücksichtigen und die Wettbewerbsfähigkeit stärken.
Der Haushalt soll außerdem schnelles und flexibles Handeln ermöglichen, Transparenz und Rechenschaftspflicht beinhalten, Dezentralisierung fördern, Kommunikation und Bürgerbeteiligung verbessern, die Interessen der EU sowie ihrer Mitgliedsstaaten und Bürgerinnen und Bürger erfüllen und die Durchführbarkeit von Maßnahmen gewährleisten.
23 Empfehlungen
Leitempfehlung: Priorisierung eines starken, zukunftsfähigen EU-Haushalts
"Wir, das Europäische Bürgerpanel für einen neuen, unseren Ambitionen angemessenen EU-Haushalt, bestehend aus 150 zufällig ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern aus den 27 EU-Mitgliedstaaten, empfehlen, dass der neue EU-Haushalt die Zukunft aller europäischen Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt stellt, indem er sich auf kurz- und langfristige Nachhaltigkeit, strategisches Handeln und gemeinsame Werte konzentriert.
An drei Wochenenden haben wir in Diskussionen die wichtigsten Grundsätze für den nächsten EU-Haushalt ermittelt. Der Haushalt muss die gemeinsamen Ambitionen eines fairen, inklusiven, souveränen, sicheren, nachhaltigen und prosperierenden Europas widerspiegeln, das eng mit seinen Bürgern verbunden ist. Wir fordern einen Haushalt, der sowohl zukunftsorientiert ist als auch auf unmittelbare Bedürfnisse reagiert und gleichzeitig transparent, effizient und wirkungsvoll bleibt."
Um dies zu erreichen, empfiehlt das Bürgerforum
- Umweltschutz und wirtschaftlicher Erfolg zugleich sichern
- Schutz der Natur und der natürlichen Ressourcen durch Umweltbildung und andere Maßnahmen
- Verringerung der regionalen Disparitäten durch den Ausbau wesentlicher Infrastrukturen und Dienste
- Bekämpfung der Landflucht durch Bildung, Arbeitsplätze und Wohnraum
- Bedeutungsvolle und nachhaltige Inklusion von Migranten und Geflüchteten für ein stärkeres Europa
- Budgethilfe für den gleichberechtigten Zugang zu Gesundheitsversorgung, Arzneimittelproduktion und grenzüberschreitender Gesundheitsversorgung in der EU
- Unterstützung der psychischen Gesundheit für alle Altersgruppen durch integrierte Maßnahmen aus dem EU-Haushalt
- Eine starke und sichere EU gegen digitale Bedrohungen
- Eine unabhängigere EU im Verteidigungsbereich
- Die Möglichkeit für alle jungen Menschen, unter fairen und menschenwürdigen Arbeitsbedingungen in den Arbeitsmarkt einzutreten
- Unterstützung der Entwicklung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) und Start-ups
- Stärkung des Lebensmittelsystems, indem große Lebensmittelunternehmen nachhaltiger gemacht und kleine Erzeuger unterstützt werden
- Befähigung der Menschen zur Nutzung digitaler Technologien, einschließlich KI
- Souveränität der EU im Bereich der digitalen Technologien
- Förderung inklusiver, hochwertiger Bildung für alle durch gezielte EU-Unterstützung
- Förderung einer gemeinsamen europäischen Identität durch Bildung und Sensibilisierung
- Vereinfachung, Harmonisierung und Digitalisierung der Verwaltungsverfahren in den Mitgliedstaaten
- Stärkung der Verbindungen zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und der EU für eine bessere Zukunft
- Entwicklung erneuerbarer Energien zur Sicherung unserer Energiesouveränität
- Strategische Stärke: Europas industrielle Reaktion auf globale Disruption
- Stärkung der diplomatischen Angleichung der EU durch gemeinsame Werte
- Ein ganzheitlicher Diplomatie-Plan für die EU
Die Europäische Kommission begrüßte die Ergebnisse des Bürgerforums, die auf der Haushaltssitzung der Kommission am 20. Mai 2025 vorgestellt wurden. Die Beiträge der Losversammlung und der begleitenden Plattform für das Engagement der Bürgerinnen und Bürger werden als Anhang zum Legislativvorschlag in den Vorschlag für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen einfließen. Daher werden sie vom Kollegium der Kommissionsmitglieder und letztlich vom Europäischen Parlament und vom Rat der Europäischen Union bei den Verhandlungen über den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen geprüft.
Online-Beteiligung
Parallel zum Bürgerforum hatte die EU-Kommission hatte alle Europäerinnen und Europäer aufgerufen, sich zum nächsten Haushalt und den damit zu unterstützenden Maßnahmen zu äußern, bevor sie im Juli 2025 einen formellen Vorschlag vorlegt. Sie hatte eine Reihe von Online-Beteiligungen eingeleitet, die von Februar bis Mai 2025 zwölf Wochen lang liefen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte dazu: „Der nächste langfristige Haushalt wird die gemeinsame Vision unserer Union für die Zukunft stärken. Er setzt unsere gemeinsamen Prioritäten in konkrete Maßnahmen um, die für Millionen von Bürgern, Unternehmen, Regionen und Forschern einen Unterschied machen. Deshalb laden wir alle Europäerinnen und Europäer ein, sich im Rahmen öffentlicher Konsultationen, eines Bürgerforums oder der Bürgerbeteiligungsplattform zu äußern. Dies ist eine Einladung, einen modernen, ehrgeizigen und verstärkten Haushalt zu gestalten. Unsere Herausforderungen sind auch gemeinsame Ziele: Gemeinsam sind wir stärker.“
Von Haus zu Haus für Bürgerforum
Im Februar 2025 hatte die Europäische Kommission in allen 27 EU-Mitgliedstaaten eine Kampagne zur Gewinnung von Teilnehmerinnen und Teilnehmern für ein Bürgerforum zum neuen EU-Haushalt gestartet.
Die Auswahl erfolgte nach einem Haus-zu-Haus-Konzept und wurde von der Sortition Foundation, dem offiziellen Partner der Europäischen Kommission, durchgeführt. Bei diesem aufsuchenden Losverfahren hat die Sortition Foundation mit ihren Partnerorganisationen im SORT-EU-Netzwerk zusammengearbeitet. Das Netzwerk verbindet mehr als 30 Organisationen innerhalb der Europäischen Union, die sich bereit erklärt haben, bei transnationalen und anderen demokratischen Losverfahren zusammenzuarbeiten.
150 Teilnehmer ausgelost
Am Ende wurden aus sämtlichen erfassten Bürgerinnen und Bürgern 150, die repräsentativ für die demografische Vielfalt der EU sind, nach dem Zufallsprinzip ausgewählt und nach Brüssel eingeladen. Dort hatten sie gemeinsam konkrete Empfehlungen zu einem neuen langfristigen EU-Haushaltplan ausgearbeitet, "der zu unseren Zukunftsplänen passt".
Das Bürgerforum hat an drei Wochenenden im Frühjahr 2025 jeweils von Freitag bis Sonntag stattgefunden:
- 1. Wochenende: 28. bis 30. März in Brüssel
- 2. Wochenende: 25. bis 27. April online
- 3. Wochenende: 16. bis 18. Mai in Brüssel
Nächster langfristiger Haushalt ab 2028
Der EU-Haushaltsplan muss einstimmig von allen Mitgliedstaaten und mehrheitlich vom Europäischen Parlament angenommen werden. Nach der Verabschiedung im Laufe des Jahres 2025 wird der nächste langfristige Haushalt im Januar 2028 in Kraft treten.